Normenkette
BGB § 518 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München II (Entscheidung vom 04.05.2017; Aktenzeichen 12 O 5328/15) |
Tenor
I. Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 04.05.2017, Az. 12 O 5328/15 aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 89.250 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.10.2015 zu bezahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin 15 %, der Beklagte trägt 85 %.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 104.652,77 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, eine als "Investment Advisor" tätige Aktiengesellschaft, verlangt vom Beklagten als Projektentwickler eines - nicht durchgeführten - Immobilienprojekts in Berlin Zahlung einer Abbruchgebühr in Höhe von 89.250 EUR sowie Erstattung der Kosten eines von ihr beauftragten Rechtsanwalts in Höhe von 15.402,77 EUR. Sie stützt diese Ansprüche auf das von beiden Parteien unterzeichnete Term Sheet vom 17.12.2014 betreffend eine Mezzanine-Finanzierung über 30 Mio. EUR. Dieses enthält am Schluss (S. 9) folgende Regelungen:
"Dieses Term Sheet und die darin enthaltenen Aussagen legen weder dem Investor noch seinem Investment Advisor rechtliche Verpflichtungen jeglicher Art im Zusammenhang mit dem Darlehen oder Sonstigem auf. Insbesondere besteht keine Verpflichtung zur Vermittlung oder zum Abschluss eines Darlehensvertrages.
Unabhängig davon stimmen Sie durch Ihre Unterschrift zu, dass die Vertragsbedingungen in den vorstehenden Abschnitten 'Kostenübernahme' sowie 'Abbruchgebühr' für Sie verpflichtend sind. Zum Zeichen Ihres Einverständnisses senden Sie uns bitte eine unterzeichnete Kopie inkl. einer Bestätigung ihrer Handlungsvollmacht zu.
≪ Unterschrift Vorstand Klägerin ≫
Wir stimmen den Konditionen dieses Term Sheets sowie den darin getroffenen Vereinbarungen zur Kostenübernahme und der Abbruchgebühr zu.
≪ Unterschrift Beklagter ≫".
Die Passage zur Kostenübernahme lautet auszugsweise:
"Sollte es nicht zu einem Abschluss eines Darlehensvertrages kommen und dem Investment Advisor oder dem Investor bereits Kosten im Rahmen des Kreditvergabeprozesses entstanden sein, sind diese Kosten durch den Projektentwickler zu tragen."
Unter "Abbruchgebühr" ist festgehalten:
"75.000 EUR (zzgl. USt). zu Gunsten des Investment Advisors für den Fall, dass nach Unterzeichnung dieses Term Sheets und vor Abschluss des Darlehensvertrages die Finanzierung ohne Beteiligung des Investment Advisors arrangiert wird (es sei denn, der Investor war nicht bereit, den Darlehensvertrag zu den wesentlichen Konditionen dieses Term Sheets abzuschließen) oder das Projekt nicht umgesetzt wird und dies nicht auf höherer Gewalt oder auf der Ausübung eines öffentlich-rechtlichen Vorkaufsrechts beruht. Die Abbruchgebühr ist zahlbar durch den Projektentwickler und fällig 10 Tage nach entsprechender Rechnungsstellung."
Auf das Term Sheet mit Anschreiben und "Zusammenfassung und Annahmen" (Anlage K 1) wird verwiesen.
Ein Darlehensvertrag über eine Mezzanine-Finanzierung kam nicht zustande. Das Projekt des Beklagten wurde nicht realisiert; der Eigentümer des dafür vorgesehenen Grundstücks verkaufte dieses an einen anderen Käufer.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Du., De., Gl. und Dr. H. der Klage hinsichtlich der vom Beklagten zu erstattenden Kosten in Höhe von 15.402,77 EUR stattgegeben. Hinsichtlich der Abbruchgebühr in Höhe von 89.250 EUR hat es die Klage abgewiesen mit der Begründung, es liege insoweit zwar eine verbindliche Verpflichtungserklärung vor, diese sei mangels Gegenleistungspflicht der Klägerin jedoch als Schenkung einzuordnen und folglich formunwirksam.
Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird verwiesen.
Beide Parteien haben gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt, soweit sie unterlegen sind, und verteidigen das landgerichtliche Urteil, soweit sie obsiegt haben.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Vereinbarung über die Abbruchgebühr habe formfrei getroffen werden können. Es handele sich um einen Vertrag sui generis. Der Beklagte habe ein nachdrückliches Interesse an der Beibringung der Mezzanine-Finanzierung durch die Klägerin gehabt, für die die Erbringung der Dienstleistung mit nicht unerheblichen Kosten und sehr hohem Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden gewesen sei. Dass sie nicht unentgeltlich tätig werde, habe dem Beklagten als professionellem Projektentwickler als branchenüblich bekannt sein müssen.
Die Beweisauf...