Flaute bei Projektentwicklern: Neues Zyklushoch erst 2029

Projektentwickler von Wohnimmobilien kämpfen mit rückläufigen und schwachen Margen. Eine Erholung wird erst ab 2025 einsetzen, wie EY Real Estate berichtet. Ein neues Zyklushoch wird für 2029 erwartet. Die alten Höchststände werden aber nicht wieder erreicht.

"Projektentwickler und damit der gesamte Wohnungsbau befinden sich in einer kritischen Phase. Momentan stellen sich alle die Frage, wann es wieder aufwärts geht", sagt Jan Ohligs, Partner bei EY Real Estate. Ein Prognosemodell zeigt, dass es frühestens ab Ende 2024 eine Besserung geben wird – in Bezug auf die Margen und die Verkaufspreise.

Als makroökonomische Inputvariablen verwendet das Modell der Ernst & Young Real Estate GmbH die Inflationsrate (Verbraucherpreisindex) mit einem Dämpfungsfaktor für die Kostenseite und den dreimonatigen Euribor (Euro Interbank Offered Rate) sowie Margenzuschläge für die Fremdfinanzierungskosten und die Zinskosten des Mezzanine-Kapitals. Als immobilienwirtschaftliche Inputfaktoren werden Grundstückskosten, Mietpreissteigerungen von Neubauimmobilien, die Baukosten und deren Steigerungsrate sowie die an den Euribor geknüpften Renditen verwendet.

Projektentwickler: Margen bleiben negativ bis 2025

In einem vereinfachten rollierenden Finanzmodell prognostiziert EY Real Estate die Profitabilität eines Unternehmens: Pro Jahr kauft ein Projektentwickler ein Grundstück zu einem über die Zeit variierenden Preis und bebaut es im Folgejahr. Anschließend werden die Wohneinheiten über einen Zeitraum von zwölf Monaten veräußert. Der Verkaufspreis ergibt sich aus der Miete und dem Vervielfältiger (Relation zwischen Kaufpreis und Ertrag) – abzüglich Vermarktungskosten – und stellt die einzigen Umsatzerlöse des Unternehmens dar.

Die Profitabilität ergibt sich aus den Umsatzerlösen – ohne Baukosten, Baunebenkosten, Finanzierungskosten und Personalkosten –, die mit der gedämpften Inflationsrate ansteigen. Die Finanzierungskosten gehen mit einem variablen Fremd- zu Eigenkapitalverhältnis sowie einem konstanten Mezzaninekapital-Verhältnis von zehn Prozent in das Modell ein.

Aufgrund sich verändernder Inputvariablen kommt es insbesondere in den Jahren 2022 bis 2024 zu negativen Entwicklermargen von bis zu zehn Prozent (2023) unter der Annahme, dass Projekte mit negativer Profitabilität realisiert werden. In der Praxis werden solche Projekte vermutlich einfach nicht realisiert, sondern verschoben. Diese Margen steigen dann wieder an, erreichen die Nulllinie jedoch erst 2025 und steigen bis 2029 auf einen neuen Höhepunkt. Das Rekordniveau aus Jahr 2022 wird laut EY Real Estate jedoch nicht wieder erreicht.

Prognose: Verkaufspreise steigen bis 2029

"Aufgrund des nachhaltig höheren Zinsniveaus wird die Profitabilität von Projektentwicklungsunternehmen auch nach der Erholung dauerhaft auf einem niedrigeren Niveau verharren", meint Christoph Haub, Direktor bei EY Real Estate. Entwickler müssten deshalb adäquate Strategien entwickeln, wie sie langfristig mit einer geringeren Profitabilität umgehen. "Das gilt nicht zuletzt für das Risikomanagement, das künftig weniger Volatilität erlauben wird."

Die Abschätzung zukünftiger Verkaufspreise erfolgt im Prognosemodell durch Multiplikation der Jahresnettokaltmiete mit dem Vervielfältiger. Erstere ist indirekt an die erwartete Inflationsrate gekoppelt und beinhaltet zudem die erwartete Mietendynamik aufgrund des Nachfrageüberhangs, der sich aus dem unzureichenden Wohnungsneubau in Deutschland ergibt. Die für die Zukunft prognostizierten Vervielfältiger hat EY Real Estate aus der Zinsentwicklung (Euribor) plus einem normalisierten Yield-Spread für die Assetklasse Wohnen abgeleitet.

Als Ergebnis prognostiziert das Modell von 2022 bis 2024 einen starken Preisverfall um bis zu 30 Prozent und ab 2024 einen Anstieg, der sich bis 2029 hinzieht. Der dann erreichte Peak der Verkaufspreise liegt allerdings rund fünf Prozent unter dem aktuellen Höchststand aus dem Jahr 2022.

Optimierung oder Konsolidierung: Zukunft der Projektentwickler

Der Berliner Wohn- und Gewerbemakler Quin Investment hat 25 Immobilienentwickler in einer anonymisierten Umfrage zur Lage interviewt. Darunter renommierte Firmen wie die GBI AG, Arcadia Investment, Art Invest und Profi Select sowie kleinere und mittelständische Entwickler.

Zwei Drittel (zirka 66 Prozent) der Unternehmen schrieben den hohen Zinsen Einfluss auf Investitionsentscheidungen zu. Mehr als jede zehnte Firma (elf Prozent) bewertete den Zinsanstieg als starken Faktor – nur knapp ein Viertel (22 Prozent) schätzte den Einfluss steigender Zinsen eher als moderat ein. Neben einer unzureichenden staatlichen Förderung (8,7 Prozent) belasten laut dieser Umfrage vor allem die Baukosten (39 Prozent) die Branche.

Gefragt hat Quin Investment die Unternehmen im August 2023 auch, welche Herausforderungen für die kommenden zwölf Monate die größten sind. Die Zinsen machen mehr als jedem vierten (26 Prozent) Projektentwickler auch für die Zukunft Sorgen – die Baukosten 21 Prozent. 16 Prozent sahen die Inflation auch für 2024 kritisch – die erhöhe die Betriebskosten und beeinflusse die Kaufkraft der Verbraucher, was weiter Auswirkungen auf die Nachfrage am Immobilienmarkt haben werde. Fast alle (89 Prozent) Projektentwickler gehen davon aus, dass die Neubauaktivitäten in den kommenden zwei Jahren weiter zurückgehen werden – elf Prozent denken, dass die Bautätigkeit gleich bleibt. Auf Bankenseite sei die Risikobereitschaft für Immobilienprojekte gesunken.

Das Fazit der Umfrage-Initiatoren: Die Projektentwickler stehen vor einer der größten Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte. Bei einigen werde das zur Optimierung des Betriebs und der Prozesse führen. Parallel dürfte es zur Konsolidierung des Marktes kommen. Weitere Unternehmen dürften aufgeben oder sich in anderen Geschäftsbereichen betätigen.

Colliers: Insolvenzwelle der Projektentwickler in Zahlen

Mit der Gerchgroup, Development Partner, der Project-Gruppe und Euroboden und anderen sind in den vergangenen Monaten mehrere große Projektentwickler in die Insolvenz gerutscht – weitere stehen unter Druck. Als Gründe sehen Experten unter anderem die hohen Finanzierungs- und Baukosten, die energetischen Anforderungen und regulatorische Unsicherheiten.

Der Immobilienberater Colliers hat im Februar 2024 untersucht, welche Folgen die Insolvenzwelle unter Projektentwicklern speziel für den deutsche Büroimmobilienmarkt hat. Dazu hat das Market Intelligence + Foresight Team des Unternehmens an den sieben Bürohochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart exemplarisch die Projekte der sechs größten Entwickler analysiert, die Insolvenz anmelden mussten. Das Ergebnis: 48 Projekte mit dem Schwerpunkt auf Büro sind von der Insolvenz betroffen.


Das könnte Sie auch interessieren:

Es fehlt mehr neuer Wohnraum als gedacht bis 2028

Kommentar: Projektentwickler in der Eigenkapitalklemme

Wohnungsbau: Jedes fünfte Unternehmen klagt über Stornos

Dauerkrise am Bau: Zahl der genehmigten Wohnungen bricht ein

dpa