Normenkette
BGB §§ 249, 253, 254 Abs. 1, § 833
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 15.02.2012; Aktenzeichen 43 O 934/10) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Landshut vom 15.2.2012 - 43 O 934/10, aufgehoben.
II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger Schmerzensgeld i.H.v. EUR 7.500 zu bezahlen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger den infolge seiner Verletzungen durch ein Wildschwein am 16.9.2009 auf dem Wildparkgelände der Beklagten zu 1) in ... R., F. 1, erlittenen Verdienstausfall i.H.v. 75 % zu ersetzen.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren ab dem 8.8.2012 entstehenden materiellen und immateriellen Schäden, die auf den Verletzungen des Klägers durch ein Wildschwein am 16.9.2009 auf dem Wildparkgelände der Beklagten zu 1) in ... R., F. 1, beruhen, zu ersetzen, wobei jeweils ein Mitverschulden von 25 % zu berücksichtigen ist.
V. Die Schäden gem. Ziff. III. und IV. sind nur zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
VI. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 1.035 zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.4.2010 zu bezahlen.
VII. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
VIII. Von den Gerichtskosten trägt der Kläger 62,5 % und die Beklagte zu 1) 37,5 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt der Kläger.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte zu 1) zu 37,5 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 25 %.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IX. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger und die Beklagte zu 1) können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
X. Die Revision wird nicht zugelassen.
XI. Der Streitwert für beide Instanzen wird auf EUR 50.000 festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 1) und ihrem Mitarbeiter, dem Beklagten zu 2) gesamtschuldnerisch Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Verletzungen, die er durch den Angriff eines Wildschweinebers erlitten hat.
Der Kläger ist Tierpfleger und betreibt einen Wildpark in Österreich. Am 16.9.2009 kaufte er von der Beklagten zu 1), diese vertreten durch den Zeugen K., die gleichfalls einen Wildpark in ... R. betreibt, einen Wildschweineber, den er auch sogleich bezahlte und sodann mitnehmen sollte. Der Beklagten zu 2) hatte die Aufgabe, das Tier aus dem Gehege zu holen und zu übergeben. Zu diesem Zweck sollte der Eber zunächst in einen Transportanhänger der Beklagten zu 1) verladen und sodann außerhalb des Parkgeländes in den Anhänger des Klägers umgeladen werden. Hierbei sollten gegebenenfalls Waldarbeiter helfen. Auf eine Narkotisierung des Tieres wurde verzichtet.
Der Eber sollte durch eine mit Gattern gebildete Gasse aus seinem Gehege in den Anhänger der Beklagten zu 1) gelockt bzw. getrieben werden. Der Eber konnte jedoch durch eine Lücke in den Gattern entkommen. Bei den Einfangversuchen, an denen sich der Kläger beteiligte, wurde der Kläger von dem Eber angegriffen und mehrfach gebissen. Er trug ganz erhebliche Verletzungen, insbesondere am linken Arm, der linken Hand und dem rechten Mittelfinger davon. Auf die mit Anlage K 2 - K 4 vorgelegten ärztlichen Befunde wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 15.3.2011 erkannte die österreichische Sozialversicherungsanstalt der B. auf Grund des Unfalls vom 16.9.2011 eine Erwerbsminderung von 35 % an und gewährte dem Kläger eine Dauerrente.
Der Kläger trug vor, auf die Narkotisierung sei auf Betreiben des Beklagten zu 2) verzichtet worden, der den Eber für ungefährlich gehalten habe. Als das Tier sich außerhalb des Tiergeheges befunden habe, habe er weitere Mitarbeiter der Beklagten zu 1) zur Hilfe holen wollen, habe sich aber mit diesen nicht verständigen können. Auf dem Rückweg zum Beklagten zu 2) habe ihn das freilaufende Wildschwein angegriffen.
Der Kläger begehrte Schmerzensgeld von mindestens EUR 20.000 und die Feststellung des Ersatzes aller weiteren materiellen und immateriellen Schäden sowie außergerichtliche RA-Gebühren i.H.v. EUR 899,40.
Die Beklagten beantragten Klageabweisung.
Sie trugen vor, der Kläger habe auf die Narkotisierung des Tieres verzichten wollen und sei erst gebissen worden als er versucht habe, den Eber mit Spanngurten einzufangen. Die Haftungsvoraussetzungen der §§ 833, 834 BGB lägen nicht vor. Im Übrigen seien die Beklagten haftungsprivilegiert i.S.v. §§ 104 ff. SGB VII.
Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG Landshut hat nach Beweisaufnahme und Erholung ...