Verfahrensgang

LG Traunstein (Entscheidung vom 25.05.2010; Aktenzeichen 1 O 1769/10)

LG Passau (Aktenzeichen 1 O 1769/06)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung der Klägerin vom 28.06.2011 wird das Endurteil des LG Traunstein vom 25. 5. 2010 (Az. 1 O 1769/10) samt dem ihm zugrundeliegenden Verfahren, mit Ausnahme der unfallanalytisch-biomechanischen Begutachtung durch Dipl.-Ing. Dr. Christian A., aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Traunstein zurückverwiesen.

  • 2.

    Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem LG Traunstein vorbehalten.

    Gerichtsgebühren für die Berufungsinstanz sowie gerichtliche Gebühren und Auslagen, die durch das aufgehobene Urteil verursacht worden sind, werden nicht erhoben.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem Verkehrsunfall am 16.01.2006 auf der E. Straße in R. geltend. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 25.05.2010 (Bl. 370/380 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG Traunstein hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen.

Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 01.06.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem beim Oberlandesgericht München am 28.06.2010 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 385/386 d.A.) und mit einem beim Oberlandesgericht München am 28.06.2010 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 389/425 d.A.) begründet.

Die Klägerin beantragt,

nach dem Antrag erster Instanz zu erkennen, hilfsweise das Verfahren an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, die Berufungserwiderung vom 27.06.2011 (Bl. 443/447 d.A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 22.07.2011 (Bl. 448/450 d.A.) Bezug genommen.

B.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache jedenfalls vorläufig Erfolg.

I.

Das Landgericht hat nach derzeitigem Verfahrensstand zu Unrecht einen Anspruch Klägerin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verneint. Die Überzeugung des Erstrichters, die Klägerin habe den Nachweis unfallbedingter Verletzungen nicht geführt, beruht auf einer unzulänglichen Beweiserhebung und fehlerhaften Beweiswürdigung.

1.

Das angefochtene Urteil lässt bereits unberücksichtigt, dass eine unfallbedingte Verletzung in Form einer leichten HWS-Distorsion nach Erdmann Grad 1 unstreitig ist. Wie der Erstrichter selbst ausführt (Seite 4 EU), bestreitet die Beklagte die klägerischen Verletzungen mit der Einschränkung, dass die Klägerin "allenfalls eine leichte HWS-Distorsion erlitten hat". Dass mit dieser Formulierung, die dem Vortrag der Klageerwiderung unter Ziffer II 3 (Seite 4) entspricht, eine leichte HWS-Distorsion unbestritten bleiben sollte, folgt nicht nur aus dem Wortlaut selbst, sondern ergibt sich zusätzlich auch aus Ziffer II 2 der Klageerwiderung sowie der Zusammenfassung unter Ziffer II 3 auf den Seiten 5/6, wo ausdrücklich nur bestritten wird, dass das Unfallereignis geeignet war, eine HWS-Distorsion vom Ausmaß Grad 2 zu verursachen. Auch der Umstand dass außergerichtlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,00 EUR bezahlt worden ist, belegt, dass die Beklagte unfallbedingte Verletzungsfolgen nicht grundsätzlich bestreitet.

Im Übrigen ist auch die Beweiswürdigung des Erstrichters, wonach nicht einmal eine leichte HWS-Distorsion nachgewiesen sei, nicht überzeugend. In Anbetracht des Umstandes, dass eine solche Verletzungsfolge nicht zwingend in bildgebenden Verfahren sichtbar gemacht werden kann und die ärztlichen Untersuchungen im Rahmen der Begutachtung 3 Jahre nach dem Unfall hierüber ebenfalls keine eigene medizinische Feststellungen mehr liefern können, genügt es nicht, darauf hinzuweisen, dass die beauftragten medizinischen Gutachter keinen eigenen, objektivierbaren Nachweis für eine unfallbedingte Verletzungsfolge feststellen konnten. Ohnehin ist aber bereits auch der Sachverständige Dr. B. davon ausgegangen, dass bei Berücksichtigung aller Umstände jedenfalls von einer HWS-Distorsion geringen Ausmaßes auszugehen sei (Seite 14 des Gutachtens, Blatt 233 d.A.) und auch der Sachverständige Dr. R. hat jedenfalls im Parallelverfahren 1 O 1000/08 LG Traunstein eine HWS-Distorsion nicht in Frage gestellt (Protokoll vom 23.02.2010, Antwort zu den Fragen 3, 6 und 9, Anlage zu Blatt 357 d.A.). Es ist auch zu bedenken, dass nach den bisherigen Erkenntnissen zu unterstellen ist, dass die Klägerin vor dem Unfallgeschehen völlig beschwerdefrei war, sich bereits am Unfalltag in ärztliche Behandlung begeben hat und im Anschluss hieran eine Vielzahl ärztlicher Behandlungen und Untersuchungen (siehe Aufstellung ...

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