Entscheidungsstichwort (Thema)
Schutz des eigenen Hundes durch Eingriff in den Bissbereich eines anderen vs. Mitverschulden
Normenkette
BGB §§ 254, 833; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 23.03.2018; Aktenzeichen 54 O 1212/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 23. März 2018, Az. 54 O 1212/17, abgeändert und - teilweise klarstellend - neu gefasst:
I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von EUR 2.500,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19. Mai 2017 zu zahlen.
II. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin EUR 1.031,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19. Mai 2017 zu zahlen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 445,77 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19. Mai 2017.
III. Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Vorfall vom 31. Mai 2016 gegen 9:43 Uhr am I., B. Straße 112, ... L., unter Berücksichtigung eines von der Klägerin zu tragenden Mitverschuldensanteils in Höhe von 75% zu erstatten hat, sofern die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 88%, der Beklagte 12%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.280,08 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin und weitere Hundehalter führten am 31. Mai 2016 gegen 9:43 Uhr ihre Hunde am I., B. Straße 122, ... L. spazieren. Der Beklagte stieß mit seinem Hund, einer Old-English-Bulldogge, dazu. Hierauf gerieten der Mischlingshund der Klägerin und der Hund des Beklagten, die beide nicht angeleint waren, in eine Rangelei. Die Klägerin fasste in das Geschehen, wurde in die rechte Hand gebissen und erlitt einen großen Weichteildefekt am dorsalen Handrücken, eine Verletzung des Fingerstreckers D4 und eine Nervenläsion N9. Sie wurde vom 31. Mai 2016 bis 12. Juni 2016 stationär im Krankenhaus behandelt (K 2) und war bis 1. Juli 2016 krankgeschrieben (K 4). Am 31. Mai 2016 erfolgte die operative Versorgung der Handverletzung, am 6. Juni 2016 wurde Haut vom Oberschenkel transplantiert. Nach dem stationären Aufenthalt musste die Hand ambulant regelmäßig versorgt werden. Auch absolvierte die Klägerin bis Ende Dezember 2016 eine intensive Ergotherapie und musste zur Vermeidung einer Verklebung der Narben einen Kompressionshandschuh tragen. Am 17. Juni 2016 wurde von der Klinik eine noch deutliche Bewegungseinschränkung der rechten Hand festgestellt (K 3), Mitte August 2016 vom Ergotherapeuten weiterhin eine Bewegungseinschränkung und Kraftminderung der rechten Hand dokumentiert (K 6). In dieser Zeit befand sich die Klägerin auch in regelmäßiger Behandlung bei ihrem Hausarzt, da die Stelle der Hauttransplantation an einigen Stellen eiterte und nässte. Am 12. Dezember 2016 bestätigte das Krankenhaus eine verhärtete Narbe am Grundgelenk des Kleinfingers, einen noch nicht vollständig möglichen Faustschluss und eine Bewegungseinschränkung. Zur Therapie wurde weiterhin das Tragen eines Kompressionshandschuhs und intensive Ergotherapie zwei- bis dreimal wöchentlich empfohlen (K 7). Durch die Beeinträchtigung der rechten Hand kam es zu einer Überbeanspruchung des linken Armes und der linken Hand, weshalb eine Aktivbandage zur Kompression des Ellenbogens und eine Handgelenkbandage zur Ruhigstellung des Handgelenks erforderlich wurden.
Der Klägerin, die Rechtshänderin ist, fallen nach wie vor feinmotorische Arbeiten schwer, das Greifen mit der rechten Hand ist schwierig, das Heben von Gegenständen nicht möglich. Sie hat wegen der eingeschränkten Kraft der Hand Probleme, Schraubverschlüsse zu öffnen, Lebensmittel mit dem Messer zu schneiden und Messer und Gabel zu benutzen. Der früher viel ausgeübte Badmintonsport ist nicht mehr möglich. Die Narbe an der Hand ist wetterfühlig. Die Klägerin ist aufgrund des Ereignisses traumatisiert und hat Alpträume. Ihr sind in Zusammenhang mit dem Vorfall Fahrtkosten von EUR 171,50 und Kosten für Zuzahlungen bzw. für Salben und Verbände von EUR 188,58 entstanden.
Der Haftpflichtversicherer des Beklagten hat mit Schreiben vom 24. Februar 2017 (K 10) Ansprüche der Klägerin gegen ihren Versicherten, den Beklagten, zurückgewiesen. Die Zustellung der Klage an den Beklagten ist am 18. Mai 2017 erfolgt.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, dass de...