Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Regelverstoß bei Verkauf von Brot und Brötchen an Sonn- und Feiertagen durch Gaststättenbetreiber
Leitsatz (amtlich)
1. Der Verkauf von Brötchen und Brot ist im Rahmen eines "Discount Backshops" auch außerhalb der gesetzlich eingeschränkten Öffnungszeiten zulässig, wenn es sich bei diesem um einen Gaststättenbetrieb handelt.
2. Dies kann auch dann gelten, wenn die Ladenlokale vom Verbraucher in erster Linie zum Einkauf von Bäcker- und Konditorwaren benutzt werden.
3. Ein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Abgemahnten aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB scheidet mangels Verschulden aus, wenn der Anspruch des Abmahnenden vertretbar begründet werden kann.
Normenkette
BGB § 280; GastG §§ 1, 7 Abs. 2 Nr. 1; LadSchlG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 12; SonntVerkV § 1; UWG § 3a
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 20.04.2018; Aktenzeichen 12 O 4218/17) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 20.04.2018, Az. 12 O 4218/17 werden jeweils zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
IV. Das Urteil ist in Ziff. II. vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Landgerichts München II vom 20.04.2018, Az. 12 O 4218/17, wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und Kostenerstattung geltend, wegen angeblichen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Ladenschlussgesetzes durch das Anbieten und den Verkauf von Backwaren an Sonn- bzw. Feiertagen. Die Beklagte begehrt gegenüber dem Kläger im Wege der Widerklage die Erstattung der Kosten für die vorgerichtliche Beauftragung ihres Rechtsanwalts.
Bei dem Kläger handelt es sich um die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.
Die Beklagte stellt Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertreibt diese in Filialen in M., zumindest in der T. Straße ... und in der P.straße ... Eine weitere Bäckerei-Verkaufsstelle in der A.straße ... in M. wird auf der Internetseite der Beklagten (Anlage K 20) als Filiale von "R. " aufgeführt (Anlage K 1, Seite 9 und K 20), wobei der bei einem Testkauf erhaltene Kassenzettel die Aufschrift "Discount Backshop" trägt (Anlage K 14) und die Beklagte in Abrede stellt, dass sie Betreiberin der Filiale ist. In den vorgenannten Filialen existieren Sitzgelegenheiten (Tische und Stühle) zum Verzehr von Speisen und Getränken vor Ort (vgl. Fotografien zur Filiale T.Straße ..., Anlage B 6 und Fotografien zur Filiale in der P.straße ... als Anlage zum Sitzungsprotokoll des Landgerichts, Bl. 50/52 d. A.), wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich hierbei jeweils um den Betrieb einer Gaststätte im Sinne des Gaststättengesetzes handelt.
Die Beklagte veräußerte am Sonntag, den 21.02.2016, in der Filiale in der T. Straße ... um 11.12 Uhr ein Stangenbrot (Pugliesestange) sowie zwei Römer-Semmeln (vgl. Kassenbon, Anlage K 2, linke Seite). Um 15.46 Uhr desselben Tages verkaufte sie ein Stangenbrot (halbe Elbsässer Flute) sowie zwei Vollkornsemmeln (vgl. Kassenbon, Anlage K 2, rechte Seite). Am Pfingstmontag, den 05.06.2017, wurden in dem Geschäft in der A.straße ... um 10.09 Uhr eine Breze, zwei Krusti, sechs Semmeln und ein Laib Brot veräußert (vgl. Kassenbon, Anlage K 14). Am Sonntag, den 11.03.2018, wurden in der Filiale in der P.straße ... um 11.45 Uhr ein Kasten-Finnenbrot (500 g), zwei Vinschgauer, zwei Vollkorn-/Kartoffelsemmeln und 1/2 Elsässer-Brot (100g) sowie um 17.30 Uhr ein weiteres Kasten-Finnenbrot (500 g) veräußert (vgl. Kassenbelege, Anlage K 18).
Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 09.06.2016 (Anlage K 4) - insoweit von Beklagtenseite bestritten - sowie mit Schreiben vom 03.07.2017 (Anlage K 15) ab. Mit Schreiben vom 31.10.2016 (Anlage K 8) übersandte der Kläger das (angebliche) Abmahnschreiben vom 09.06.2016 samt Erinnerungsschreiben vom 28.06.2016 an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Ein auf Antrag des Klägers vom 20.07.2016 (Anlage K 7) zwischen den Parteien vor der Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten bei der IHK für M. und ... eingeleitetes Einigungsverfahren ist gescheitert (vgl. Sitzungsprotokolle, Anlagen K 9, K 12, Beschluss der Schiedsstelle vom 21.06.2017, Anlage K 13). Mit Schreiben vom 23.05.2017 (Anlagenkonvolut K 11) hatte die Beklagte gegenüber dem Kläger angekündigt, dessen Verhalten im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche "unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht, falsche Verdächtigung und falschen Vortrag" zu bewerten und ang...