Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen - Haftung für unrichtige Angaben in einem Reisevermittlungsvertrag
Normenkette
BGB § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1; UKlaG § 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 08.06.2017; Aktenzeichen 12 O 19237/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 08.06.2017 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit dieser inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über die Vermittlung von Reiseleistungen mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:
10. Haftungsbeschränkungen
(10.1) Angaben über vermittelte Beförderungen oder andere touristische Leistungen beruhen ausschließlich auf den Angaben der verantwortlichen Leistungsträger C. gegenüber. Sie stellen keine eigene Zusicherung von C. gegenüber dem Reiseteilnehmer dar.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.12.2016 zu bezahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts in der unter I. tenorierten Fassung sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von einem Tatbestand wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung des Klägers ist zulässig und hinsichtlich des angegriffenen Teils der Klausel Ziffer 10.1 der AGB der Beklagten sowie der geltend gemachten Kostenpauschale begründet. Die Klausel Ziffer 10.2 der AGB der Beklagten ist wirksam, so dass die Berufung des Klägers insofern nicht begründet ist.
1. Hinsichtlich des angegriffenen Teils der Klausel Ziffer 10.1. der AGB der Beklagten ergibt sich der Unterlassungsanspruch aus § 1 UklaG i.V.m. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Beim Reisevermittlungsvertrag handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der einen Werkvertrag zum Gegenstand hat (vgl. Tonner in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. § 651a, Rn. 46 m.w.N.). Macht der Vermittler zu den vermittelten Leistungen schuldhaft falsche Angaben - z. B. im Falle einer unrichtigen Wiedergabe der Angaben des Leistungsträgers oder aber, wenn der Vermittler die Angaben des Leistungsträgers zwar zutreffend wiedergibt, ihm aber bekannt ist, dass diese tatsächlich unrichtig sind und er den Kunden gleichwohl nicht darauf hinweist -, ist er seinem Vertragspartner gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Ersatz des diesem entstandenen Schadens verpflichtet. Eine völlige Freizeichnung von der Haftung für Angaben zu den vermittelten Leistungen ist mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren.
Die angegriffenen Regelungen sind dahingehend auszulegen, dass gegen die Beklagte keinerlei Ansprüche wegen unrichtiger Angaben zu den vermittelten Leistungen geltend gemacht werden können. Gemäß § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. AGB sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (Grüneberg in Palandt, BGB, 77. Aufl. § 305c Rn. 16 unter Verweis auf die st. Rspr.). Wenn mehrere Auslegungsalternativen bestehen, ist im Verbandsprozess von der Auslegung auszugehen, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Maßgebend ist die kundenfeindlichste Auslegung (vgl. Grüneberg a.a.O. § 305 c Rn. 18, wiederum unter Verweis auf die st. Rspr.).
Die angegriffenen Klauseln sind mit "10. Haftungsbeschränkungen" überschrieben. In den nicht angegriffenen ersten beiden Sätzen der AGB-Ziffer ist ein Haftungsausschluss der Beklagten für die Leistungen des Leistungsträgers deklariert. Der rechtlich nicht vorgebildete Durchschnittskunde wird die angegriffenen Klauseln dahingehend verstehen, dass eine Haftung der Beklagten nicht nur für die vermittelten Leistungen als solche, sondern auch für die Angaben der Beklagten zu diesen Leistungen ausg...