Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzansprüche aus einer behaupteten faktischen Geschäftsführung des Beklagten
Normenkette
GmbHG § 64 S. 1; ZPO §§ 276, 540 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 22.06.2018; Aktenzeichen 41 O 16423/15) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 22.06.2018, Az. 41 O 16423/15, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 genannte Endurteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten und/oder der Nebenintervenientin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte und/oder die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages leisten.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus einer behaupteten faktischen Geschäftsführung des Beklagten.
Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 27.09.2012, Az. 1506 IN 2551/12 und 1506 IN 2552/12 (Anl. K 4), wurde aufgrund eines Insolvenzantrags der AOK vom 22.06.2012 sowie eines Eigenantrags vom 25.06.2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der O.T. Company GmbH (im Folgenden als Insolvenzschuldnerin bezeichnet) eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Einzelvertretungsberechtigter alleiniger Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, deren Geschäftszweck der Handel mit Non-Food-Artikeln war, war bis zur Niederlegung des Geschäftsführeramts am 16.02.2012 Herr H.G. R.
Der Beklagte war Angestellter der Insolvenzschuldnerin mit einem zwischen den Parteien streitigen Tätigkeitsbereich und -umfang.
Die Nebenintervenientin ist eine Versicherungsgesellschaft, mit der die Insolvenzschuldnerin 2009 einen D & O-Versicherungsvertrag für Organe juristischer Personen geschlossen hatte (Anl. NV 1 und 2), wobei versicherte Personen laut Ziffer I. 2.1 des Versicherungsvertrages laut Anl. NV 2 auch die "faktischen Mitglieder der Leitungsorgane (z.B. Vorstand, Geschäftsführung)" waren.
Zumindest ab 01.11.2011 war die Insolvenzschuldnerin zahlungsunfähig und überschuldet.
Im Zeitraum vom 01.11.2011 bis 01.06.2011 wurden Zahlungen in Höhe von insgesamt 426.367,68 EUR entsprechend der Aufstellung der einzelnen Zahlungen laut Anl. K 3 seitens des Beklagten im Namen der Schuldnerin geleistet.
Der Kläger behauptet, der Beklagte sei zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum faktischer Geschäftsführer gewesen; bis zum Ausscheiden des Geschäftsführers R. am 16.02.2012 neben diesem, sodann allein. Der Beklagte hafte deshalb nach § 64 GmbHG in Höhe der von ihm im Zeitraum vom 01.11.2011 bis 01.06.2012 vorgenommenen Zahlungen auf Schadensersatz. Der Beklagte sei nämlich im Außenverhältnis als Geschäftsführer aufgetreten und habe über zentrale Steuerungsgewalt in allen Bereichen der Schuldnerin verfügt.
Mit Klageschrift vom 10.09.2015 (Bl. 7/12 d.A.) beantragte der Kläger, den Beklagten zur Zahlung von 426.367,68 EUR an ihn als Insolvenzverwalter zu verurteilen. Aufgrund eines zeitgleich gestellten Antrags des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (Bl. 1/6 d.A.) wurde mit richterlicher Verfügung vom 02.10.2015 (Bl. 13 d.A.) eine formlose Übersendung der Klageschrift an den Beklagten mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag veranlasst (Bl. 13 d.A.). Die Übersendung erfolgte an die in der Klageanschrift als Anschrift angegebene Adresse des Beklagten in München (L.str. 21).
Der Beklagte nahm mit Telefax vom 20.10.2015 (Bl. 17 d.A.) zum Prozesskostenantrag Stellung und teilte mit, dass er nicht mehr an der angegebenen Anschrift wohne, ohne allerdings seine neue Adresse mitzuteilen.
Ein am 12.11.2015 unternommener Versuch, nach antragsgemäßer Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Kläger die Klageschrift unter der dort angegebenen Anschrift in München an den Beklagten zuzustellen, scheiterte, da der Beklagte nach Feststellung des Zustellers dort nicht mehr wohnte (Bl. 24 d.A.). Mit Beschluss des Landgerichts München I vom 02.03.2016 (Bl. 36/38 d.A.) wurde daraufhin die öffentliche Zustellung der Klageschrift sowie einer gerichtlichen Verfügung vom 03.11.2015 nach § 276 ZPO angeordnet und auch ausgeführt.
Da der Beklagte keine Verteidigungsanzeige übermittelte, erließ das Landgericht München I am 31.05.2016 gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil (Az. 41 O 16423/15), mit dem dieser entsprechend des Klageantrags zur Zahlung von 426.367,68 EUR an den Kläger verurteilt wurde (Bl. 41/43 d.A.). Die mit Beschluss des Landgerichts München I vom 02.06.2016 (Bl. 44/45 d.A.) angeordnete öffentliche Zustellung wurde am 07.07.2016 bewirkt (Bl. Zu 45 d.A.).
Gegen das Versäumnisurteil vom 31.05.2016 legte die Nebenintervenientin mit Schriftsatz vom 30.09.201...