Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung aus Pkw-Kauf (Dieselskandal)
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2, § 826; EG-FGV §§ 6, 27; StGB § 263; WpHG § 15; ZPO § 540
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Urteil vom 30.08.2019; Aktenzeichen 31 O 2025/18) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 30.08.2019, Az. 31 O 2025/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die der Kläger gegen die Beklagte als Herstellerin eines Fahrzeugs geltend macht, in dessen Motor der Kennung EA 189 eine abgasbeeinflussende Software verbaut worden ist.
Der Kläger erwarb am 01.06.2016 von der S.AG in P. einen gebrauchten PKW Audi Q3 2.0 TDI zum Preis von 22.800,00 Euro, Anlage K 1.
In dem Fahrzeug war eine Motorgerätesoftware verbaut, durch welche die Stickoxydwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden. Ein Software-Update wurde am 23.08.2018 aufgespielt.
Bereits im Herbst 2015 schaltete die Beklagte eine Internetwebseite, auf der sich Kunden mit Hilfe der Fahrzeug-Identifikationsnummer darüber informieren können, ob ihr Fahrzeug von der Manipulation betroffen ist. Dies wurde in den Medien auch bekannt gemacht.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei ihm zum Schadensersatz verpflichtet. Er habe einen wirtschaftlich nachteiligen Vertrag abgeschlossen. Die Beklagte habe sittenwidrig gehandelt, es bestehe daher ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB sowie nach § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB.
Er hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er von dem Mangel Kenntnis gehabt hätte. Kenntnis habe er erst mit dem Schreiben der Beklagten von Januar 2017 erlangt (Anlage K2). Das Softwareupdate sei nicht geeignet, den Schaden zu beseitigen. Auch mit dem Update würden die Grenzwerte weiterhin nicht eingehalten.
Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe den Kläger nicht über Eigenschaften des Motors getäuscht. Die Beklagte habe den Motor nicht hergestellt. Zudem fehle es jedenfalls an einer kausalen Erregung eines Irrtums beim Kläger, da dieser das Fahrzeug erst nach Bekanntwerden des Abgasskandals erworben habe. Der Kläger habe auch keinen Schaden erlitten.
Wegen der festgestellten Tatsachen und weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verweisen, § 540 ZPO.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.08.2019 abgewiesen mit der Begründung, nach Anhörung des Klägers sei das Gericht nicht davon überzeugt, dass er den PKW ohne Kenntnis seiner möglichen Betroffenheit vom Dieselskandal erworben hat.
Dagegen richtet sich die vom Kläger eingelegte Berufung, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge vollumfänglich weiter verfolgt. Der Kläger habe keine Kenntnis vom "Dieselskandal" und erst recht keine Kenntnis von dem an seinem Fahrzeug notwendigen Update gehabt.
Der Kläger beantragte zuletzt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.757,72 EUR sowie Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rücknahme und Übereignung des PKW Audi Q3 2.0 TDI S Tronic quattro, Fahrzeug-Ident-Nr. ...3013.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.348,27 EUR, sowie Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
III. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des PKW Audi Q3 2.0 TDI S Tronic quattro, Fahrzeug-Ident-Nr. ...3013 seit Rechtshängigkeit in Verzug befindet.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Die Berufung sei schon nicht zulässig, da die Rechtsanwendung nur mit formelhaften Pauschalaussagen angegriffen werde. Sie sei auch unbegründet, Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Die Beklagte habe nach dem 22. September 2015 umfassende Aufklärung über ihre Website aber auch über die Medien geleistet. Sie habe nach einer Abfrage der Halterdaten beim KBA die Halter im Februar 2016 über das Update und den Zeit- und Maßnahmenplan unterrichtet. Eine Täuschungshandlung oder ein entsprechender Vorsatz der Beklagten sei ebenso wenig gegeben wie ein Irrtum des Klägers.
Hinsichtlich des Parteivortrags in der Berufung im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Der Senat hat am 16.12.2019 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll, Bl. 142/145 d.A., wird verwiesen.
II. Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie erschöpft sich nicht in pauschalen Angriffen, sondern greift konkret die Rechtsanwendung des Landgerichts im Hinblick auf die (fehlende) Kenntnis des Klägers von der Betroffenheit des Fahrzeugs vom ...