Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Frage, ob eine Gläubigerbenachteiligung i.S.v. § 1 AnfG wegen der wertauschöpfenden Belastung eines Grundstücks zu verneinen ist, ist nicht auf den Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung, sondern auf den Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung abzustellen.
2. Dem Anfechtungsberechtigten steht ein Wertersatzanspruch gegen den Anfechtungsgegner zu, wenn dieser das von der Anfechtung betroffene Grundstück wertauschöpfend mit Grundpfandrechten belastet hat.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen 24 O 11085/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG München I vom 26.6.2002 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 165.916,61 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit 3.2.2003 zu bezahlen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte 90 % und der Kläger 10 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte bzw. der Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger bzw. die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger hat die Übertragung von Immobilien auf die Beklagte durch ihren Ehemann angefochten und verlangt nach der teilweisen Weiterveräußerung durch die Beklagte nunmehr Wertersatz, hilfsweise die Duldung der Zwangsvollstreckung.
Der Ehemann der Beklagten wurde durch Urteil des LG München I vom 11.3.1999, Az.: 6 O 17580/97 (Anlage K 1) verurteilt, an die Firma Auto M. GmbH einen Betrag von 375.347 DM nebst Zinsen zu bezahlen. Die Firma Auto M. GmbH hat mit notariellem Vertrag vom 18.4.2001 diese Forderung an den Kläger abgetreten.
Vollstreckungsversuche des Klägers gegen den Ehemann der Beklagten blieben erfolglos. Dieser gab am 10.5.2001 die eidesstattliche Versicherung ab (Anlage K 4).
Mit zwei notariellen Verträgen vom 8.8.2000 (Anlagen K 5, K 6), die mit „ehebedingte Zuwendung” überschrieben sind, übertrug der Ehemann der Beklagten auf diese unentgeltlich vier Wohnungen in W., eine Wohnung in M. sowie einen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück in K.
Der Kläger hat in 1. Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, i.H.v. 358.878,53 DM die sofortige Zwangsvollstreckung in die o.g. Immobilien zu dulden.
Die Beklagte hat eingewendet, dass die titulierte Forderung durch verschiedene Tilgungsleistungen, u.a. die Inzahlungnahme eines Bootes, teilweise erloschen sei. Des Weiteren hat sie geltend gemacht, dass die auf sie übertragenen Wohnungen und der Miteigentumsanteil durch die Bestellung von Grundschulden wertausschöpfend belastet seien.
Im Übrigen wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG München I hat mit Urteil vom 26.6.2002 die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das LG u.a. aus, dass eine Gläubigerbenachteiligung i.S.v. § 1 AnfG durch die Grundstücksübertragungen auf die Beklagte nicht dargetan sei. Maßgeblich sei hierbei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Anfechtungsprozesses. Der Kläger habe auf den Vortrag der Beklagten zum Wert der Grundstücke und zur Valutierung der Grundschulden lediglich pauschal und unsubstantiiert erwidert. Vor allem aber beziehe sich sein Vortrag auf den Zeitpunkt der Übertragung der Grundstücke, der nicht maßgeblich sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Nachdem die Beklagte eine Wohnung (Wohnungsgrundbuch-Nr. 1886) in W. sowie die Wohnung in M. verkauft hat, begehrt der Kläger mit seiner Berufung nunmehr Wertersatz i.H.v. 183.491,67 Euro nebst Zinsen. Hilfsweise beantragt er, die Beklagte in Höhe dieses Betrages zur Duldung der sofortigen Zwangsvollstreckung in die noch nicht veräußerten Wohnungen und den Miteigentumsanteil zu verurteilen.
Der Kläger bemängelt, dass das LG keinen Hinweis darauf erteilt habe, dass hinsichtlich der Gläubigerbenachteiligung nicht der Zeitpunkt der Übertragung maßgeblich sei. Diese Auffassung werde i.Ü. nicht durch die vom LG zitierte Rspr. des BGH gestützt.
Der Kläger vertritt die Meinung, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast zur Belastung der Grundstücke nicht nachgekommen sei. Hinsichtlich der veräußerten Wohnungen in W. und M. seien als Wertersatz die Kaufpreise von 156.000 DM (= 79.761,53 Euro) und 185.000 Euro zu berücksichtigen.
Die Beklagte wendet ein, dass sämtliche auf sie übertragenen Immobilien wertausschöpfend mit Grundschulden belastet seien. Eine Gläubigerbenachteiligung liege daher nicht vor. Die auf den Wohnungen in W. ruhenden Eigentümergrundschulden hätten dazu gedient, von der W. Bank an den früheren Eigentümer der Wohnungen, ihren Schwiegervater, ausgereichte Darlehen abzusichern. Eine klare Zuordnung, welche Grundschuld welches Darlehen absichern sollte...