Leitsatz (amtlich)

Bei Gläubigeranfechtung einer unentgeltlichen Grundstücksübertragung kommt es für die Frage, ob einer Gläubigerbenachteiligung eine wertausschöpfende Belastung des Grundstücks entgegensteht, darauf an, ob in dem Zeitraum zwischen der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung und der letzten mündlichen Verhandlung im Anfechtungsprozess eine Gläubigerbenachteiligung stattgefunden hat.

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Urteil vom 14.06.2005; Aktenzeichen 8 O 1757/04)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Kassel vom 14.6.2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 24.252,07 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.7.2004 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 14 % und der Beklagte 86 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten ebenfalls durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zur Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Gläubigeranfechtung auf Wertersatz für eine ihm von seiner Ehefrau übertragenen Grundstückshälfte in Anspruch.

Die Ehefrau des Beklagten war seit 29.6.2000 alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der K GmbH. Über das Vermögen dieser GmbH wurde mit Beschluss des AG Kassel vom 9.10.2000 (Bl. 7 d.A.) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger erstritt vor dem LG Kassel unter dem 14.5.2002 (Bl. 9 d.A.) ein rechtskräftiges Urteil gegen die Ehefrau des Beklagten, im Folgenden Schuldnerin genannt, auf Zahlung der fälligen Stammeinlage zur GmbH i.H.v. 25.000 DM nebst Zinsen. Ferner erging unter dem 21.10.2002 (Bl. 12 d.A.) ein Kostenfestsetzungsbeschluss über 731 EUR. Zwangsvollstreckungsversuche des Klägers gegen die Schuldnerin aus diesen Titeln schlugen fehl (Bl. 14 bis 16 d.A.). Am 22.10.2002 (Bl. 18 d.A.) gab die Schuldnerin die eidesstattliche Versicherung ab. In diesem Zusammenhang überreichte sie ein Vermögensverzeichnis, aus dem hervorging, dass sie am 24.7.2000 ihre Eigentumshälfte an dem Grundstück in M an den Beklagten übertragen hat.

Ausweislich des notariellen Grundstücksübertragungsvertrages des Notars W vom 24.7.2000 (Bl. 19 ff. d.A.) erfolgte die Übertragung der Grundstückshälfte ohne jede Gegenleistung. In § 9 des notariellen Vertrages ist klargestellt, dass alle Hausratsgegenstände im Eigentum des Beklagten stehen. Nach § 12 des Vertrages gaben die Beteiligten den Wert des Grundstückes mit 200.000 DM an. Am 24.7.2000 waren in Abteilung III des Grundbuches unter laufender Nr. 1 und 2 Grundschulden i.H.v. 180.000 DM und 40.000 DM zugunsten der R Bank und unter laufender Nr. 3 eine weitere Grundschuld von 20.000 DM zugunsten der C Bank eingetragen. Der Beklagte wurde am 17.8.2000 als alleiniger Eigentümer im Grundbuch eingetragen (Bl. 117 d.A.). Am 18.8.2000 bestellte er zugunsten der D Bank eine Grundschuld über 60.000 DM, die am 30.8.2000 eingetragen wurde. Schließlich nahm er mit der D Bank eine komplette Umschuldung vor, wobei die anderen Banken die ihnen zustehenden Grundpfandrechte an die D Bank abtraten. Streitig ist, in welcher Höhe die Grundpfandrechte bei der Grundstücksübertragung noch valutierten.

Durch notariellen Vertrag vom 27.2.2003 (Bl. 33 d.A.) verkaufte der Beklagte das gesamte Grundstück zum Preis von 159.000 EUR an Herrn K und Frau M. Diese wurden am 4.7.2003 (Bl. 44 d.A.) im Grundbuch als neue Eigentümer eingetragen. Mit der bei Gericht am 23.7.2004 eingegangenen und dem Beklagten am 29.7.2004 zugestellten Klage (Bl. 47 d.A.) hat der Kläger die Grundstücksübertragung vom 24.7.2004 angefochten. Der Kläger begehrt für die seiner Ansicht nach anfechtbare Übertragung der Grundstückshälfte Wertersatz vom Beklagten i.H.v. 28.122,09 EUR. Der Beklagte verweigert jegliche Zahlung und wendet ein, eine Gläubigerbenachteiligung liege nicht vor, da das Grundstück schon bei der Übertragung wertausschöpfend belastet gewesen sei.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat durch Urteil vom 14.6.2005 (Bl. 115 ff. d.A.) nach Einholung eines Sachverständigengutachtens den Beklagten zur Zahlung von 28.122,09 EUR nebst Zinsen verurteilt und zur Begründung ausgeführt:

Die Klageforderung sei aus §§ 4, 11 AnfG begründet. Die unentgeltliche Übertragung der Grundstückshälfte vom 23.7.2000 sei nach § 4 AnfG anfechtbar. Eine wertausschöpfende Belastung des Grundstücks vom 24.7.2000 habe nic...

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