Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungshemmung durch Güteverfahren in Anlageberatungsfällen
Normenkette
BGB § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 4, §§ 209, 214, 214 Abs. 1; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Urteil vom 28.01.2016; Aktenzeichen III ZB 88/15) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Ingolstadt vom 29.08.2014, Az. 43 O 912/13 Kap, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des Senats und das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an einem Fonds im Jahre 1999.
Der Kläger beteiligte sich am 21.06.1999 mittelbar über die A. Allgemeine Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH mit einer Beteiligungssumme von DM 110.000,- (= EUR 59.054,22) an der S.-D.-U. Dreiländer Beteiligung Objekt - DLF 98/29 - KC Beteiligungs GmbH & Co. KG (vgl. Anlagenkonvolut K 1). Gegenstand der Beteiligung ist die Investition in Immobilien in den USA und in Deutschland sowie die Investition in Aktien in der Schweiz.
Die Beklagte vermittelte zum damaligen Zeitpunkt unter dem Firmennamen "A." auf Provisionsbasis Kapitalanlagen an Privatanleger. Der klägerischen Zeichnung war eine Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten vorausgegangen. Der Beratung lag unter anderem auch ein Emissionsprospekt zu dem Fonds mit Stand Mai 1998 bzw. Februar 1999 zugrunde (vgl. Anlagenkonvolut 1).
Der Klageerhebung war ein (gescheitertes) Güteverfahren bei dem Schlichter Rechtsanwalt Christian D. in L. vorgeschaltet (vgl. Schlichtungsordnung: Anlage KE 5). Die Klägervertreter hatten mit Schreiben vom 29.12.2011 die Durchführung eines Güteverfahrens beantragt (vgl. Anlage K 1a). Mit Schreiben vom 18.12.2012 hatte der Schlichter das Scheitern des Güteverfahrens festgestellt.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Ersturteil Bezug genommen (vgl. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage vollumfänglich abgewiesen: einerseits als unzulässig, weil es der (damaligen reinen) Feststellungsklage an dem gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse fehle; andererseits, weil sich die Beklagte auf die Einrede der absoluten Verjährung nach §§ 199 Abs. 3 Nr. 1, 214 BGB berufen könne. Eine Hemmung durch das Güteverfahren sei nicht erfolgt, da der Güteantrag nicht hinreichend individualisiert und rechtsmissbräuchlich gewesen sei und zudem die formalen Anforderungen der einschlägigen Verfahrensvorschriften nicht eingehalten worden seien.
Mit Beschluss vom 10.06.2015 (vgl. Bl. 667/678 d.A.) hat das Oberlandesgericht zunächst das Verfahren nach § 8 Abs. 1 S. 1 KapMuG ausgesetzt. Hintergrund war, dass das LG Berlin mit Beschluss vom 04.02.2015, veröffentlicht im gerichtlichen Teil des Bundesanzeigers am 20.02.2015, dem Kammergericht diverse Feststellungsziele zum Zwecke eines Musterentscheids gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG hinsichtlich des streitgegenständlichen Emissionsprospekts betreffend den streitgegenständlichen Fonds vorgelegt hatte.
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 28.01.2016 (AZ: III ZB 88/15) den vorgenannten Aussetzungsbeschluss aufgehoben. Der Rechtsstreit sei ohne weitere Beweiserhebungen und ohne Rückgriff auf Feststellungsziele eines Musterverfahrens entscheidungsreif, weil etwaige Schadensersatzansprüche der Kläger wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB insgesamt verjährt seien (§ 214 Abs. 1 BGB).
Gegen die Annahme der Verjährung wendet sich der Kläger weiterhin. Die Beklagte hafte wegen Verletzung des Anlageberatungsvertrages. Der streitgegenständliche Emissionsprospekt sei zur richtigen, vollständigen und verständlichen Aufklärung des Klägers über die für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände nicht geeignet gewesen; die Beklagte habe insoweit auch ihre Pflicht zur Plausibilitätskontrolle verletzt. Hinsichtlich der behaupteten Prospektfehler wird insbesondere auf die Klageschrift (S. 8 ff., Bl. 9 ff. d.A.) verwiesen, weil sich die Beklagte auf die Einrede der absoluten Verjährung nach §§ 199 Abs. 3 Nr. 1, 214 BGB berufen könne. Eine Hemmung durch das Güteverfahren sei nicht erfolgt, da der Güteantrag nicht hinreichend individualisiert und rechtsmissbräuchlich gewesen sei und zudem die formalen Anforderungen der einschlägigen Verfahrensvorschriften nicht eingehalten worden seien.
Die Kläger beantragt im Berufungsverfahren im Termin am 20.06.2016 zuletzt wie folgt:
Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des LG Ingolstadt vom 29.08.2014 (AZ: 43 O 912/13 K...