Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für Verjährungshemmung durch Einleitung eines Güteverfahrens in Anlageberatungsfällen

 

Normenkette

BGB § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 4, § 214 Abs. 1; ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 02.10.2015; Aktenzeichen 3 O 13511/13)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG München I vom 02.10.2015, Az. 3 O 13511/13, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil des Senats und das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an einem Fonds im Jahre 1998.

Der Kläger beteiligte sich am 27.05.1998 mittelbar über die A. Allgemeine Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH mit einer Beteiligungssumme von DM 100.000,- nebst 5 % Agio (= EUR 53.685,65) an der S.-D.-U. Dreiländer Beteiligung Objekt - DLF 98/29 - KC Beteiligungs GmbH & Co. KG (vgl. Anlagenkonvolut K 1). Gegenstand der Beteiligung ist die Investition in Immobilien in den USA und in Deutschland sowie die Investition in Aktien in der Schweiz.

Die Beklagte vermittelte zum damaligen Zeitpunkt unter dem Firmennamen "A." auf Provisionsbasis Kapitalanlagen an Privatanleger. Der klägerischen Zeichnung war eine Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten vorausgegangen. Der Beratung lag unter anderem auch ein Emissionsprospekt zu dem Fonds mit Stand Mai 1998 zugrunde (vgl. Anlagenkonvolut 1).

Der Klageerhebung war ein (gescheitertes) Güteverfahren bei dem Schlichter Rechtsanwalt Christian D. in L. vorgeschaltet (vgl. Schlichtungsordnung: Anlage KE 5). Die Klägervertreter hatten mit Schreiben vom 29.12.2011 die Durchführung eines Güteverfahrens beantragt (vgl. Anlage K 1a; noch mal nachgereicht im Termin am 20.06.2016). Mit Schreiben vom 18.12.2012 hatte der Schlichter das Scheitern des Güteverfahrens festgestellt.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Ersturteil Bezug genommen (vgl. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat die Klage vollumfänglich abgewiesen: einerseits als unzulässig, weil es der (damaligen reinen) Feststellungsklage an dem gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse fehle; andererseits, weil sich die Beklagte auf die Einrede der absoluten Verjährung nach §§ 199 Abs. 3 Nr. 1, 214 BGB berufen könne. Eine Hemmung durch das Güteverfahren sei nicht erfolgt, da der Güteantrag nicht hinreichend individualisiert gewesen sei. Das landgerichtliche Urteil enthält zudem die Verwerfung des Musterverfahrensantrags der Klageseite als unzulässig, weil die Entscheidung des Rechtsstreits wegen der Unzulässigkeit der Feststellungsklage nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhänge.

Mit seiner Berufung wendet der Kläger ein, dass die Feststellungsklage nicht wegen fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig sei, weil eine vollständige Bezifferung des Anspruchs zur Zeit der Klageerhebung nicht möglich gewesen sei. Darüber hinaus sei Verjährungshemmung hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Aufklärungspflichtverletzungen durch Einreichung des Güteantrags vom 29.12.2011 eingetreten, weil dieser alle zur Individualisierung erforderlichen Angaben enthalte.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren im Termin am 20.06.2016 wie folgt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG München I vom 02.10.2015 (AZ: 3 O 13511/13) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 49.500,22 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen die schriftliche Zustimmung des Klägers zur Übertragung der Ansprüche aus der Beteiligung an der S.-D.-U. Dreiländer Beteiligung Objekt - DLF 98/29 - KC Beteiligungs GmbH & Co. KG, Vertragsnummer: 982901105.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren künftigen materiellen Schäden aus der Beteiligung an der S.-D.-U. Dreiländer Beteiligung Objekt - DLF 98/29 - KC Beteiligungs GmbH & Co. KG, Vertragsnummer: 982901105 zu ersetzen.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung in Verzug befindet.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.960,11 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie den Kläger von den weiteren vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.495,23 freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die...

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