Entscheidungsstichwort (Thema)
Klärungsbedürftigkeit, Kostenentscheidung Beschwerde, Wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch, Vorläufige Vollstreckbarkeit, substantiierter Sachvortrag, Marktverhaltensregelung, Klärungsfähige Rechtsfrage, Revisionszulassung, Notifizierungsverfahren, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, Vorabentscheidung, Lebensmittelrechtliche Vorschriften, Diätetische Lebensmittel, Delegierte Verordnung, Arzneimittelrecht, Sicherheitsleistung, Krankheitsbezug, Krankheitsbedingtheit, Lebensmittelunternehmer
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 11.09.2020; Aktenzeichen 2 HK O 1614/20) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 11. 09.2020, Az. 2 HK O 1614/20, wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
IV. Das Endurteil des Landgerichts München II vom 11.09.2020, Az. 2 HK O 1614/20, wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das vorliegende Urteil ist in Ziff. II. (Kostenentscheidung) vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich Ziff. I. des landgerichtlichen Urteils (Unterlassung) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,- EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu jeweils vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Dem Kläger gehören nach den unstreitigen Feststellungen des Landgerichts (vgl. LGU Seite 6, 2. Absatz) eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden an, die Waren gleicher Art wie die der Beklagten vertreiben, u. a. 120 Unternehmen der Heilmittelbranche (vgl. Mitgliederliste, Anlage K 1). Er ist nach seiner personellen, sachlichen und fachlichen Ausstattung in der Lage, seine satzungsgemäßen Aufgaben auch tatsächlich wahrzunehmen.
Die Beklagte bringt unter den Bezeichnungen "I. M. RDS", "I. M. CU", "I. M. ATOP" und "I. M. SUD" Produkte "zum Diätmanagement" auf den Markt, die in Kapseln verpackt vermehrungsfähige, natürlicherweise im menschlichen Darm vorkommende Bakterienkulturen enthalten, und bewirbt diese im Internet (vgl. Screenshots vom 23.01.2020, Anlage K 3)
Der Kläger hat die Beklagte wegen des Vertriebs der vorgenannten Produkte sowie der dafür im Internet betriebenen Werbung mit Schreiben vom 27.01.2020 (Anlage K 4) abgemahnt. Mit anwaltlichem Antwortschreiben vom 14.02.2020 (Anlage B 14) lehnte die Beklagte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.
Das Landgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Endurteil - unter Abweisung der Klage im Übrigen - wie folgt verurteilt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
1. das Mittel "I. RDS" zum Diätmanagement bei Reizdarmsyndrom in den Verkehr zu bringen und/oder zu vertreiben,
2. für das Mittel "I. RDS" wie folgt zu werben:
2.1. "zum Diätmanagement bei Reizdarmsyndrom",
2.2. "(...) Die hohe Anzahl an aktiven Darmsymbionten und die in wissenschaftlichen Studien belegte Wirkung machen I.* RDS zu einem wertvollen Präparat zum Diätmanagement bei Reizdarmsyndrom",
2.3. "I. RDS enthält einen spezifischen, im menschlichen Darm vermehrungsfähigem Bakterienstamm zum Ausgleich der Dysbalance des Mikrobioms bei Reizdarmsyndrom. Die speziell für diesen besonderen Anwendungsbereich ausgewählte Bakterienkultur ist in angemessen hoher Dosierung enthalten, um das gastrointestinale Mikrobiom und damit auch die Symptome bei Reizdarmsyndrom positiv zu beeinflussen. Dies ist durch klinische Daten belegt",
2.4. (...) [Klage abgewiesen],
2.5. "Die ausgezeichnete Eignung von I. RDS zur Behandlung von Reizdarmsyndrom wurde in einer plazebokontrollierten Studie mit über 200 Patienten bestätigt. Die typischen Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall wurden nachweislich gebessert. D., S. P, J. V. W. J Gastroenterol, 2012 Aug 14; 18 (30); 4012-4018",
3. das Mittel "I. CU" zum Diätmanagement bei Colitis Ulcerosa und Pouchitis in den Verkehr zu bringen und/oder zu vertreiben,
4. für das Mittel "I. CU" wie folgt zu werben:
4.1. (...) [Klage abgewiesen],
4.2. "(...) I. CU eignet sich zum Diätmanagement bei ...