Leitsatz (amtlich)
1. Fehlt im Termin zur mündlichen Verhandlung entgegen § 697 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Anspruchsbegründung, ist die Klage nur dann unzulässig, wenn der (nach Abgabe aus dem Mahnverfahren rechtshängige) Klageanspruch anhand der Angaben aus dem Mahnbescheid und den dort zulässigerweise In Bezug genommen Unterlagen (z.B. Rechnungen) nicht individualisierbar ist und damit den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht entspricht (im Anschluss an OLG Stuttgart, Urteil vom 29.11.2012, 19 U 141/12; Abgrenzung zu OLG München NJW-RR 1989, 1405 = MDR 1988, 973).
2. Ist die Klage zulässig und der Kläger im Termin säumig, kann die Klage nicht durch Endurteil (§ 300 Abs. 1 ZPO) abgewiesen werden. Über die Klage ist entweder durch Versäumnisurteil nach § 330 ZPO oder, soweit die Voraussetzungen gegeben sind, durch Urteil nach Lage der Akten (§ 331a ZPO) zu entscheiden.
3. Wird eine Klage durch Endurteil anstatt durch Versäumnisurteil nach § 330 ZPO (als unbegründet) abgewiesen, kann dies mit der Berufung angegriffen werden und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz führen.
Normenkette
GKG § 21 Abs. 1 S. 1; ZPO § 128 Abs. 2, § 253 Abs. 1, §§ 330, 331a, 342, 697 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG München (Urteil vom 24.04.2019; Aktenzeichen 13 O 1607/18 Rae) |
Tenor
1. Das Urteil des Landgerichts München II vom 24.09.2018 (Az. 13 O 1607/18) wird aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, soweit diese nicht niedergeschlagen sind, an das Landgericht München II zurückverwiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden niedergeschlagen.
Mahnbescheid
Gründe
I. Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zahlung gesetzlicher Rechtsanwaltsvergütung für dessen Vertretung in einem Prozess vor dem LG Traunstein, in dem es um einen vom Beklagten erklärten Widerruf eines Darlehensvertrages ging.
Im Mahnbescheid vom 15.11.2017 verlangte der Kläger vom Beklagten die Zahlung von "Rechtsanwalts-/Rechtsbeistandshonorar" gemäß Rechnung 1740 vom 25.09.2017 in Höhe von 5.697,78 EUR und gemäß Rechnung 1603 vom 17.04.2016 in Höhe von 657,40 EUR nebst Zinsen und Kosten. Der Beklagte legte am 22.11.2017 Widerspruch ein. Das Verfahren wurde am 25.04.2018 an das Landgericht München II abgegeben und dort auf den Einzelrichter (ER) übertragen.
Der Beklagte beantragte am 15.06.2018, Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen, dem das Gericht mit Verfügung vom 29.06.2018 nachkam. Es beraumte die Güteverhandlung und den anschließenden Haupttermin für den 24.09.2018 an.
Der Kläger kam der Aufforderung in der Verfügung vom 29.06.2018, seinen Anspruch nach § 697 Abs. 3 ZPO zu begründen, nicht nach. Im Termin am 24.09.2018 erschien für den Kläger niemand. Das Landgericht München II erließ am 24.09.2018 ein "Endurteil", das die Klage abwies. In den Gründen führte es aus, dass die Klage zulässig aber unbegründet sei. Da im Termin keine schlüssige Klagebegründung vorgelegen habe, sei die Klage als unbegründet abzuweisen gewesen.
Das Urteil wurde dem Kläger am 11.12.2018 per PZU zugestellt. Er legte mit Schriftsatz zum Landgericht München II "gegen das (...) Versäumnisurteil" am 21.12.2018 "Einspruch" ein, den er zugleich begründete. In den dazu eingereichten umfangreichen Anlagen finden sich die beiden im Mahnbescheid genannten Rechnungen. Diese nehmen Bezug zu den Prozess vor dem LG Traunstein unter namentlicher Bezeichnung der dortigen Parteien; die Rechnungen führen die gesetzlichen Gebührentatbestände näher aus.
Mit Verfügung der Vorsitzenden der 13. Zivilkammer wurde die Akte dem Oberlandesgericht vorgelegt, da der "Einspruch" als Berufung auszulegen sei. Die Akte ging beim Oberlandesgericht am 09.01.2019 ein. Mit Verfügung vom 30.01.2019 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und rechtliche Hinweise erteilt.
Der Kläger bemängelt, dass das Landgericht statt durch Versäumnisurteil durch Endurteil entschieden habe; zutreffend sei aber, dass seine Klage zulässig gewesen sei, da sich der Gegenstand des Prozesses eindeutig aus dem Mahnbescheid ergeben habe. Der Kläger führt weiter aus, warum ihm die gesetzliche Vergütung zustehe.
Der Kläger beantragt mit Schriftsatz vom 10.03.2019, das Urteil des Landgerichts München II aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte rügt die fehlende Anspruchsbegründung in erster Instanz. In der Sache wirft er dem Kläger zwei Fehler bei der Durchführung des ihm erteilten Auftrags vor. Der Kläger habe vor dem LG Traunstein einen Feststellungsantrag, statt eines Leistungsantrags gestellt. Weiter habe der Kläger trotz einer Weisung des Beklagten den vor dem LG Traunstein geschlossenen Vergleich nicht widerrufen. Daraus errechnet der Beklagte einen von ihm erlittenen Vermögensschaden, den er der Klageforderung entgegenstellt.
Beide Parteien hatten sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Mit Beschluss vom 09.04.20...