Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch eines Sortenschutzinhabers auf Unterlassung von Aufbereitungshandlungen

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Sortenschutzinhaber hat auch bei Vorliegen von Anhaltspunkten für Aufbereitungshandlungen ggü. einem Aufbereiter keinen Anspruch auf Unterlassung von Aufbereitungshandlungen, da es an einer Rechtsgrundlage dafür fehlt. Insbesondere kann Art. 94 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 13 GemSortVO bzw. § 37 Abs. 1 SortG keine Unterlassungsverpflichtung entnommen werden.

 

Normenkette

SortG § 37 Abs. 1; NachbauVO Art. 17; VO (EG) Nr. 2100/94 des Rates v. 27.7.1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (GemSortVO) Art. 94 Abs. 1a i.V.m. Art. 13 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 19.05.2005; Aktenzeichen 21 O 15705/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I, 21 O 15705/03 vom 19.5.2005 dahin gehend abgeändert, dass die Beklagten verurteilt werden, Auskunft zu erteilen, lediglich hinsichtlich der Sorten Atlantis (WW), Bussard (WW), Duet (GW), Franziska (GW), Labea (GW), Pegassos (WW), Theresa (GW) im tenorierten Umfang.

Im Übrigen wird das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit nicht die Klage teilweise zurückgenommen wurde.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 90 %, die Beklagten 10 % zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 10.000 EUR leistet.

IV. Die Revision zum BGH wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Art und Umfang der Auskunfts- und Unterlassungsverpflichtung der Beklagten im Bezug auf den Nachbau von geschütztem Saatgut.

Die Klägerin ist eine Vereinigung von Sortenschutzinhabern gem. Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24.7.1995 (im Folgenden: Nachbauverordnung; NachbauVO) über die Ausnahmeregelung gem. Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (im Folgenden: Gemeinschaftssortenverordnung, GemSortVO) und macht für ihre Mitglieder, Sortenschutzinhaber und Inhaber von Nutzungsrechten an Sortenschutzrechten, Auskunftsansprüche und Unterlassungsansprüche im Hinblick auf den Nachbau von geschütztem Saatgut geltend. Die Klägerin ist von ihren Mitgliedern zur Wahrnehmung dieser Rechte ggü. Aufbereitern im Zusammenhang mit der von diesen etwa betriebenen Aufbereitung von Erntegut ihrer Sorten beauftragt und ermächtigt worden, diese Rechte im eigenen Namen geltend zu machen.

Die Sortenschutzinhaber und Nutzungsberechtigten, die die Klägerin ermächtigt haben, sind Gesellschafter der Klägerin oder Mitglieder des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter e.V., der seinerseits ebenfalls Gesellschafter der Klägerin ist.

Für die in den Klageanträgen jeweils bezeichneten Pflanzensorten bestand in den jeweiligen Wirtschaftsjahren Sortenschutz nach den Bestimmungen des SortG oder der GemSortVO. Die in den Klageanträgen genannten Personen oder Unternehmen sind entweder die Inhaber des entsprechenden Sortenschutzrechts oder die ausschließlich Nutzungsberechtigten.

Die Beklagten betreiben die Aufbereitung von Erntegut zu Anbauzwecken, wobei sie allerdings bestreiten, Aufbereiter im Sinne der Nachbaubestimmungen zu sein.

Die Klägerin forderte die Beklagten letztmalig mit Schreiben vom 27.3.2003 auf, Auskunft über ihre Aufbereitung in den Wirtschaftsjahren 1997/1998, 1998/1999, 1999/2000, 2000/2001 zu erteilen (vgl. Anlage K 2).

Die Beklagten lehnten dies mit Schreiben vom 10.4.2003 ab.

Die Klägerin war in erster Instanz der Auffassung, dass die Beklagten gem. § 10a Abs. 5 SortG, Art. 14 Abs. 3, 6. Spiegelstrich GemSortVO i.V.m. Art. 9 NachbauVO als Aufbereiter von Nachbausaatgut verpflichtet seien, dem Sortenschutzinhaber auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, ob, und wenn ja, für wen und in welchem Umfang sie Erntegut einer oder mehrerer für den Sortenschutzinhaber geschützten Sorten zu Anbauzwecken aufbereitet hätten. Der Umfang der Auskunftspflicht der Beklagten sei in Art. 9 Abs. 2 NachbauVO geregelt. Danach hätten die Beklagten der Klägerin für jedes Wirtschaftsjahr u.a. Auskunft darüber zu erteilen, ob, und wenn ja, mit welchen Sorten für welche Landwirte und in welcher Menge sie Nachbausaatgut aufbereitet hätten. Da das SortG mit der Aufnahme einer Nachbauregelung an die GemSortVO angepasst worden sei, würden insoweit die Bestimmungen der GemSortVO und der NachbauVO im Anwendungsbereich des SortG entsprechend gelten. Einer Darlegung des Nachbaus einer bestimmten Sorte bedürfe es insoweit nicht.

Der in § 10a Abs. 6 SortG, Art. 14 Abs. 3 GemSortVO normierte Auskunftsanspruch sei nicht auf einzelne Sorten besc...

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