Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung und Löschung. Erbvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Zur Nichtigkeit eines Erbvertrages, der Elemente eines auf Versorgung und Pflege gerichteten Heimvertrages in sich trägt.
Normenkette
HeimG § 4; BGB § 134
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 09.12.1993; Aktenzeichen 25 O 184/93) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 9.12.1993 aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, daß der zur Urkunde des Notars … am 4.6.1992 (UR-Nr. V 1783/fei) zwischen den Beteiligten … und … abgeschlossene Erbvertrag nichtig ist.
III. Der Beklagte wird verurteilt, die Löschung der zu seinen Gunsten an dem Grundstück Fl. Nr. 1058/3, vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … für … Band 30, Blatt 1145, eingetragenen Vormerkung zu bewilligen.
IV. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 114.000,– DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VI. Der Wert der Beschwer des Beklagten übersteigt – 60.000,– DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Erbvertrags.
Die Klägerin und ihre Schwester … waren Miteigentümerinnen des Grundstücks …, dessen Wert (ohne Bebauung) der Beklagte mit 1.992.000,– DM beziffert. Beide Schwestern hatten sich in einem früheren Testament wechselseitig zu Alleinerbinnen eingesetzt.
Nach mehreren Besuchen bei den Schwestern ließ der Zeuge … den in Kopie als Anlag K 4 vorne legten Entwurf eines Erbvertrags fertigen und übergab ihn den Schwestern …
Am 3.6.1992 wurde die schwer krebskranke … wegen akuter Magenblutungen mit dem Notarzt in das Krankenhaus … eingeliefert, nachdem blutiges Erbrechen und Absetzen von Teerstühlen bereits seit 2.6.1992 bestanden hatte Am 4.6.1992 wurde dort, nachdem … aus der Intensivstation in ein Krankenzimmer verlegt worden war, ein Erbvertrag (Anl. K 1) beurkundet, in dessen Ziffer II sich die Schwestern unter Aufhebung aller bisherigen Verfügungen von Todes wogen gegenseitig zu Erbinnen und zum alleinigen Erben der Längerlebenden den Beklagten einsetzten. Den Schwestern war vorbehalten, über ihr bewegliches Vermögen noch anderweitige Verfügungen von Todes wegen zu treffen.
Im einzelnen war im Erbvertrag weiter folgendes vereinbart:
„III. Annahme
Alle, in dieser Urkunde von … und … abgegebenen Erklärungen werden von dem in Abschnitt II. Ziffer 2. eingesetzten Schlußerben als Vertragsgegner angenommen. Auch verpflichtet sich dieser, Frau … sowie Frau … als Gesamtberechtigte und nach dem Ausscheiden eines von diesen, dem anderen allein, häusliche oder stationäre Pflege, letztere im Alten- oder Pflegeheim am … in … zu gewähren und zwar unentgeltlich, soweit diese Kosten nicht von einer anderen Institution gedeckt bzw. getragen werden.
IV. Verfügungsbeschränkung
Wir, … und … verpflichten uns, unser derzeit im Grundbuch des Amtsgerichts … Bd. 30 Bl. 1145 vorgetragenes Hausgrundstück Flst.Nr. 1058/3 ohne Zustimmung des in Abschnitt II. Ziff. 2 eingesetzten Schlußerben ohne dessen Zustimmung weder zu belasten noch zu veräußern. Im Falle der Zuwiderhandlung entsteht die Verpflichtung, das genannte Grundstück unentgeltlich auf den bezeichneten Schlußerben zu übertragen.
Zur Sicherung dieses bedingten Anspruchs wird bewilligt und beantragt eine entsprechende Vormerkung für den Schlußerben – … – im Grundbuch einzutragen. Die Kosten für diese Eintragung hat der Vormerkungsberechtigte zu tragen.”
Wegen des weiteren Inhalts des Erbvertrags wird auf diesen Bezug genommen.
Die Klägerin hat sich nach Abschluß des Erbvertrags persönlich an den Notar gewandt und unter dem 28.6. einen „Einspruch” gegen den Erbvertrag formuliert. Auf Anlage K 5 wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 8.7.1992 (Anl. K 6) hat sich auch … gegen den Vertrag gewandt. Beide hatten eine Ausfertigung des Erbvertrags am 27.6.1992 erhalten.
… verstarb am 18.8.1992. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 7.9.1992 (Anl. K 7) hat die Klägerin ihre erbvertragliche Erklärung angefochten. Der Beklagte hat Ausfertigung erhalten.
Die Klägerin hat behauptet, der Erbvertrag sei erschlichen worden. Sie hat zum Ablauf der Unterredungen mit dem Zeugen … vorgetragen, dieser sei immer wieder ungebeten erschienen, habe insbesondere die durch die Krankenhauseinweisung ihrer Schwester entstandene Situation ausgenutzt und damit sie und ihre Schwester überfahren. Beide hätten sie weder den ihnen im Vorfeld übergebenen Vertragsentwurf noch den ihnen vom Notar vorgelesenen Erbvertrag verstanden. Der Notar habe nach dem Zustand von … nie gefragt, den Vertragsinhalt in einem Zug heruntergelesen, ihn mit ihnen weder besprochen noch erörtert. Sofort nach der Beurkundung habe sie, die Klägerin, sich an den Notar mit der Frage gewandt, wie es nun mit den künftigen Rentenzahlungen aussehe.
Die Klägerin war zudem der Ansicht, der Vertrag sei unwirksam, weil eine Genehmigung der Regierung von Niederbayern, vo...