Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 04.06.2012; Aktenzeichen 27 O 6488/06) |
Tenor
I.
Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.06.2012 wird zurückgewiesen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin (eine Bank) verlangt vom Beklagten die Rückzahlung eines Darlehens.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Ergänzend ist allerdings auszuführen, dass das Rechtshilfeersuchen vom 28.04.2006 von den türkischen Behörden am 29.09.2006 mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Adresse nicht wohnhaft" ohne Mitteilung einer neuen Anschrift zurückgeleitet wurde. Die Einwohnermeldeamtsanfrage der Fa. R. wurde unter der Anschrift "J. Str. 6" in München (also (vorbehaltlich der falschen Schreibweise) der Anschrift, unter der versucht wurde, die Klage zuzustellen und unter der die Ehefrau des Beklagten wohnhaft war) gestellt.
Mit dem angefochtenen Endurteil hat das Landgericht den Einspruch des Beklagten gegen das klagestattgebende Versäumnisurteil vom 23.01.2007 verworfen. Zur Begründung hat das Erstgericht ausgeführt, dass die in dem ordnungsgemäß öffentlich zugestellten Versäumnisurteil festgesetzte Einspruchsfrist bei Einspruchseinlegung bereits abgelaufen gewesen sei.
Gegen dieses Ersturteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Landgericht die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung rechtsfehlerhaft bejaht habe. Es reiche nicht aus, dass der Aufenthalt des Beklagten nur der Klägerin und dem Gericht nicht bekannt gewesen sei, er müsse allgemein unbekannt sein. Zum Zeitpunkt der Anordnung der öffentlichen Zustellung sei der Beklagte aber jedenfalls ordnungsgemäß in Tübingen gemeldet gewesen. Die Auskunft der Fa. R. stelle keine ordnungsgemäße Einwohnermeldeamtsauskunft dar. Auch bei den Ausländerämtern hätte nachgefragt werden müssen. Die Klageforderung sei deswegen auch verjährt.
Der Beklagte beantragt
daher unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 04.06.2012 zuletzt:
Das Versäumnisurteil des LG München I vom 23.01.2007 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie meint insbesondere, dass die Anordnung der öffentlichen Zustellung ordnungsgemäß gewesen sei. Der Beklagte habe sich im Jahre 2004 aus Deutschland in die Türkei abgemeldet, sein Aufenthalt sei auch im Rechtshilfeweg nicht zu ermitteln gewesen. Überdies könne sich der Beklagte auf Zustellungsmängel gem. § 242 BGB ohnehin nicht berufen, weil er seit Jahren versuche, sich seinen Zahlungsverpflichtungen zu entziehen, und auch unter seiner nunmehr angegebenen Anschrift in Tübingen nicht habe ermittelt werden können.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2012 Bezug genommen. Der Senat hat ohne Beweisaufnahme entschieden.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg, weil das Erstgericht den Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 23.01.2007 zu Recht verworfen hat. Es lag ein Fall der Säumnis vor (§ 514 Abs. 2 S. 1 ZPO), da die in diesem Versäumnisurteil festgesetzte Einspruchsfrist von 2 Wochen aufgrund der am 01.03.2007 wirksam gewordenen (§ 188 S. 1 ZPO) öffentlichen Zustellung bei Einlegung des Einspruchs am 29.12.2011 längst abgelaufen war. Die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung des Versäumnisurteiles vom 23.01.2007 lagen entgegen der Ansicht der Berufung vor.
1. Nach § 185 Nr. 1 ZPO kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Unbekannt ist der Aufenthalt einer Person nur dann, wenn nicht nur das Gericht, sondern auch die Allgemeinheit den Aufenthalt des Zustellungsadressaten nicht kennt (BGHZ 149, 31). Dabei ist es zunächst Sache der Partei, die durch die Zustellung begünstigt wird, alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anzustellen, um den Aufenthalt des Zustellungsempfängers zu ermitteln und ihre ergebnislosen Bemühungen gegenüber dem Gericht darzulegen. Wegen der besonderen Bedeutung der Zustellung für die Gewährung rechtlichen Gehörs sind an die Feststellung, dass der Aufenthalt des Zustellungsadressaten unbekannt ist, im Erkenntnisverfahren hohe Anforderungen zu stellen. Die begünstigte Partei muss daher alle der Sache nach geeigneten und ihr zu...