Entscheidungsstichwort (Thema)

Negative Feststellungsklage, Nichtverletzung eines Europäischen Patents

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen einen Beklagten mit Sitz in Frankreich ist für eine negative Feststellungsklage, dass der Kläger weder den deutschen Teil noch den französischen Teil eines Europäischen Patents des Beklagten verletzt, eine internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts nicht gegeben.

 

Normenkette

EuGVÜ Art. 2, 5 Nr. 3; EPÜ Art. 64

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 21 O 5046/99)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 20.9.2000 (Az. 21 O 5046/99) in Nr. 2 abgeändert.

II. Die Klage wird auch i.Ü. als unzulässig abgewiesen.

III. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

IV. Die Klägerin hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 55.000 DM, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass dem Beklagten ggü. der Klägerin keinerlei Ansprüche wegen Verletzung eines Europäischen Patents zustehen.

Der Beklagte, der seinen Wohnsitz in Frankreich hat, ist Inhaber des Europäischen Patents EP O 169954, das mit Wirkung für die Länder Österreich, Belgien, Schweiz, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Liechtenstein, Luxemburg, Niederlande und Schweden erteilt wurde (Anl. K 3 d.A.).

Das Patent betrifft ein elektronisches Leit- und Informationssystem für den Straßenverkehr.

Die Klägerin, die ihren Sitz in München hat, hat ein Navigationssystem zum Einsatz in Landfahrzeugen entwickelt, welches sie herstellt und vertreibt. Dieses System wird u.a. in die Fahrzeuge der deutschen Firma Po. eingebaut (Anl. K 1, K 2 d.A.).

Die französische Tochtergesellschaft der Klägerin, die Firma S.S.A., lieferte an die Firma P. Navigationssysteme zum Einbau in Kraftfahrzeuge. Ob es sich dabei um die gleichen Navigationssysteme wie die der Klägerin handelt, und wo diese gefertigt werden, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Beklagte ließ insoweit in Frankreich ein Saisie-Verfahren durchführen und erhob im Anschluss daran gegen die Firma P. vor dem Tribunal de Grande Instance in Paris Hauptsacheklage wegen Verletzung seines Patents. Die Firma S.S.A. trat mit Schriftsatz vom 25.3.1999 dem zwischen P. und dem Beklagten geführten Rechtsstreit bei (Anl. B 1 d.A.).

Der Beklagte wandte sich ab 1997 im Zusammenhang mit seinem Patent mehrfach an die Klägerin in München.

Mit Schreiben vom 31.10.1937 schlug er unter Bezugnahme auf ein Gespräch in Berlin mit einem führenden Mitarbeiter der für Navigationssysteme zuständigen Abteilung der Klägerin bezüglich seines Patents eine Besprechung in Paris vor (Anl. K 5 d.A.).

Der französische Rechtsanwalt des Beklagten schrieb am 9.9.1998 im Zusammenhang mit der bevorstehenden Ausstellung eines mit einem Navigationssystem der französischen Tochtergesellschaft ausgestatteten Fahrzeugs auf dem Automobilsalon 1998 in Paris die Klägerin an (Anl. K 6 d.A.).

In dem englischsprachigen Schreiben heißt es u.a.:

„Having not received any answer to our letter of February 5, in this case, we remind you that Mr. … is still convinced that the navigation system you are about to commercialize constitutes an infringement of his European patent an that for instance an exhibition of this system at the Salon de l'Automobile in Paris from September 29 to October 11 will be considered as a patent infringing action, prohibited by the law.

We emphazise that Mr. … is firmly decided to undertake all necessary steps provided by the law, for obtaining that the rights the patent confers to him be strictly respected.

…”

Ein Mitarbeiter der Klägerin vermerkte auf dem Schreiben handschriftlich u.a.:

„… PSA stellt aus und ist bereits verklagt!”

… Wir antworten nicht!”

Unter Hinweis auf ein Telefonat am 27.1.1999 schlug der Beklagte mit Schreiben vom 3.2.1999 an die Klägerin bezüglich des Navigationssystems eine Lizenzvereinbarung vor und unterbreitete hinsichtlich der Höhe des Lizenzsatzes konkrete Vorschläge (Anl. K 4 d.A.).

Weiter heißt es in dem englischsprachigen Schreiben:

„It ist true that a constructive approach on both sides would make useless Courts judgements and appeals.”

Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 22.3.1999 negative Feststellungsklage bezüglich Nichtverletzung des deutschen und französischen Teils des Europäischen Patents gegen den in Paris lebenden Beklagten.

Die Klägerin hat geltend gemacht,

das LG München I sei international zuständig.

Die Zuständigkeit ergebe sich aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ, da die Schreiben des Beklagten als unberechtigte Schutzrechtsverwarnung zu qualifizieren seien, eine solche Verwarnung als eine unerlaubte Handlung i.S.v. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ einzuordnen sei, und der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ auch für negative Feststellungsklagen einschlägig sei.

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