Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschalteinrichtung, Verbotsirrtum, Klagepartei, Differenzschaden, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Sittenwidrigkeit, Verkehrserforderliche Sorgfalt, Vorteilsausgleichung, Schluss der mündlichen Verhandlung, Rechtsprechung des BGH, Berufungserwiderung, Unzulässigkeit, Restwert, mündlich Verhandlung, Berufungsrücknahme, Kaufpreis, Anrechnung, Nutzungsentschädigung, Entlastungsbeweis, EG-FGV

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 24.05.2022; Aktenzeichen 41 O 13921/21)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 24.05.2022, Az. 41 O 13921/21, in Ziffer 1 seines Tenors dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klagepartei 3.562,79 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2021 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klagepartei 90%, die Beklagte 10%.

4. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren bis 17.05.2014 auf 36.561,63 EUR und seither auf 5.344,18 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus dem Kauf eines Pkws im Rahmen des sogenannten Dieselskandals.

A. Die vorsteuerabzugsberechtigte Klagepartei erwarb am 08.07.2016 von der ... GmbH, ... den gebrauchten Pkw Audi Q7, 180 kw (245 Ps), EU 5, FIN: ..., Erstzulassung 16.07.2013 mit einem Kilometerstand von 7.500 km zum Preis von 42.397,22 EUR brutto bzw. 35.627,92 EUR netto (vgl. die verbindliche Bestellung laut Anl. K 1). In der Motorsteuerungssoftware kommt ein Thermofenster zur Anwendung, das bei einer Temperatur von unter + 20 C und über + 30 C die Abgasrückführung reduziert.

Am 28.11.2019 wurde bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug ein Software-Update aufgespielt.

Mit Schreiben der Klägervertreter vom 16.07.2021 laut Anl. K 3 forderte die Klagepartei die Beklagte auf, die Schadensersatzansprüche der Klagepartei wegen der Implementierung unzulässiger Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Fahrzeug anzuerkennen.

Die Klage wurde der Beklagten am 30.11.2021 zugestellt.

Die Klagepartei behauptete, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug ein Motor des Typs EA897 verbaut sei. Das Thermofenster sei eine unzulässige Abschalteinrichtung.

Die Klagepartei beantragte daher:

1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs der Marke Audi Q7 mit der Fahrgestellnummer ... an die Klägerseite den Kaufpreis in Höhe von EUR 42.397,22 abzüglich eines Nutzungsentschädigungsbetrages in Höhe von EUR 6.664,96 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 37.136,25 seit dem 31.07.2021 zu erstatten.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenseite mit der Rücknahme des Fahrzeugs gemäß vorstehender Ziffer 1 in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagtenseite wird verurteilt, die Klägerseite von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.751,80 freizustellen.

In Höhe des überschießenden Betrages erklärte die Klagepartei den Rechtsstreit für erledigt.

Die Beklagte beantragte,

Klageabweisung.

Sie widersetzte sich der Teilerledigterklärung.

Die Beklagte erwiderte, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Motor um einen EA896Gen2 Monoturbo handle. In dem Motor kämen keine unzulässigen Abschalteinrichtungen zur Anwendung.

Mit Endurteil vom 24.05.2022, Az. 41 O 13921/21, wies das Landgericht München I die Klage ab. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass das unstreitig implementierte Thermofenster unabhängig von seiner Unzulässigkeit jedenfalls nicht den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründe, da die Zulässigkeit von Thermofenstern umstritten gewesen sei. Aus den Messergebnissen der DUH könne ein Sittenwidrigkeitsvorwurf ebenfalls nicht abgeleitet werden. Denn die im NEFZ gemessenen Emissionen seien nicht mit denen im Realbetrieb zu vergleichen.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgte die Klagepartei unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags zunächst ihr erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter. Sie macht nunmehr aber nur noch den Differenzschaden geltend. Im Übrigen nahm sie die Klage zurück.

Die Klagepartei beantragt daher:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 24.05.2022, Az. 41 O 13921/21 verurteilt, an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von EUR 5.344,18 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil und beruft sich hinsichtlich des Thermofensters auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum.

Der Senat hat am 26.06.2024 mündlich verhandelt. Er hat Hinweise erteilt. Auf ...

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