Leitsatz (amtlich)
1. Bei Rangfolgetabellen, die ein Verlag in einem Handbuch über wirtschaftsrechtlich orientierte Anwaltskanzleien aufstellt und die Rangeinstufungen von Anwaltskanzleien enthalten, handelt es sich nicht um vergleichende Werbung i.S.v. § 2 Abs. 1 UWG, weil diese Vorschrift nur Werbung erfasst, die einen Mitbewerber oder die von diesem angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht; der Verlag ist nicht Mitbewerber der in den Rangfolgetabellen herausgehobenen Anwaltskanzleien.
2. Bei derartigen, an die Reputation der Anwaltskanzleien anknüpfenden Rangfolgetabellen handelt es sich um Werturteile (Anschluss an BVerfG v. 7.11.2002 – 1 BvR 580/02, MDR 2003, 344 = BB 2003, 11). Eine Gefährdung des Leistungswettbewerbs durch sittenwidriges Verhalten, die für eine Einschränkung der Meinungsfreiheit des Verlags erforderlich wäre, lässt sich nicht feststellen, wenn die Bewertungsgrundlagen und -kriterien in dem Handbuch hinreichend offen gelegt werden, eine redaktionelle Recherche nicht nur vorgespiegelt wird und sich eine sittenwidrige Verknüpfung zwischen Aufgabe von Inseraten seitens der Anwaltskanzleien und Aufnahme der betreffenden Anwaltskanzleien in die Rangfolgetabellen oder Platzierung in diesen Tabellen nicht belegen lässt.
Normenkette
UWG §§ 1-2
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 9HK O 10278/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG München I vom 20.6.1999 – 9HK O 10278/99 wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens I ZR 155/01.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger, Rechtsanwälte und Mitglieder einer überörtlichen Kanzlei, machen gegen die Beklagte zu 1), einen Verlag für juristische Informationen mit Sitz in Köln, sowie gegen die Beklagten zu 2) und 3), die Geschäftsführer der Beklagten zu 1), einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit Rangfolgetabellen (Ranking-Listen) in Handbüchern über wirtschaftsrechtlich orientierte Anwaltskanzleien geltend.
Die Beklagte zu 1) hat 1998 zum ersten Mal ein sogenanntes JUVE Handbuch (JUVE Handbuch 1998/1999 [Anl. K 1]) mit dem Untertitel „Wirtschaftskanzleien Rechtsanwälte für Unternehmen” herausgegeben. Es hatte eine Auflage von ca. 20.000 Exemplaren, wurde durch bezahlte Anzeigen von Anwaltskanzleien finanziert und überwiegend kostenlos verteilt. Es enthält farblich unterlegte Rangfolgetabellen von Anwaltskanzleien nach Regionen und Rechtsgebieten. Auf die Darstellung des Inhalts dieses Handbuchs im Urteil des Senats vom 8.2.2001 – 29 U 4292/00, UA S. 4–7 wird Bezug genommen. Auf S. 161 dieses Handbuchs ist unter der Rubrik „Arbeitsrecht, Weitere empfohlene Kanzleien” die Kanzlei „N.H. Kaufmann Lutz” aufgeführt, in der die Kläger seinerzeit tätig waren.
Im Herbst 1999 ist die zweite Ausgabe des JUVE Handbuchs (JUVE Handbuch 1999/2000 [Anl. B 2]) erschienen. Dieses enthält in der Einleitung auf S. Vff. u.a. folgende Ausführungen:
„Zur Recherche
Im Rahmen der Recherchearbeit hat JUVE über 2.000 Interviews mit Akteuren am Markt – Anwälten, Mandanten und juristischen Akademikern – geführt, um deren Wahrnehmung und Einschätzung des Marktes und bestimmter Kanzleien zu ermitteln. Dabei wurden Kanzleien unterschiedlichster Ausrichtung und Größe berücksichtigt, denen nur eines gemeinsam ist: Sie haben sich mit ihrer Arbeit einen Namen gemacht. Die Größe einer Kanzlei allein ist also kein Auswahlkriterium.
Im Einführungstext am Anfang eines jeden Kapitels werden die Markttrends innerhalb einer ausgewählten Region oder eines bestimmten Rechtsbereichs analysiert (z.B. der Süden des Landes oder das Kartellrecht). Die Kanzleien, die laut unserer Recherche eine besondere Reputation genießen, werden jeweils im Anschluss in einer Rangfolge aufgelistet, die allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Danach werden die Aktivitäten dieser Kanzleien in den ausgewählten Regionen oder Rechtsbereichen erläutert und analysiert … Mit einigen Kanzleien kam auch nach mehrfachen schriftlichen und telefonischen Anfragen durch unsere Redakteure kein Gespräch zustande bzw. Anwälte der Kanzlei haben sich gegen ein Interview entschieden. Um Falschdarstellungen zu vermeiden, konnten diese Kanzleien nicht mit einer Kanzleibeschreibung aufgeführt werden. Bei häufiger Empfehlung durch Kollegen und Mandanten haben wir sie jedoch in einer Gruppe am Ende der Kanzleitabellen als „weitere empfohlene Kanzleien” gelistet.
Die Redaktion hat größte Sorgfalt auf die genaue Wiedergabe der uns zur Verfügung gestellten Informationen gelegt, kann jedoch keine Verantwortung für die Qualität von Empfehlungen oder für feh...