Leitsatz (amtlich)
1. Bei Rangfolgetabellen, die ein Verlag in einem Handbuch und in einer Zeitschrift aufstellt und die Rangeinstufungen von deutschen Anwaltskanzleien auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes enthalten, handelt es sich um Werturteile (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 7.11.2002 (BB 2003, 11).
2. Derartige Rangfolgetabellen sind wettbewerbsrechtlich unlauter i.S.v. § 1 UWG, wenn dem angesprochenen Verkehr die maßgebliche Bewertungsgrundlage (Häufigkeit der Benennung) nicht mitgeteilt wird und er zudem über den Umstand, dass ein weiteres Bewertungskriterium in die Rangfolgetabellen eingeflossen ist, falsch informiert wird. Ein entsprechendes Verbot der konkreten Verletzungsform in der Bundesrepublik Deutschland verstößt nicht gegen Art. 28 EGV.
Normenkette
UWG § 1; EGBGB Art. 40; EGV Art. 28
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 7 O 9520/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 12.7.2001 – 7 O 9520/00 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld i.H.v. 5 Euro bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem gesetzlichen Vertreter, es zu unterlassen,
in der Bundesrepublik Deutschland zu Zwecken des Wettbewerbs Listen zu verbreiten, in denen deutsche Anwaltskanzleien auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes in Form einer Rangordnung wie folgt aufgeführt sind (Es folgt ein Originalzitat aus dem o.g. Handbuch).
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Kläger 4/5 und die Beklagte 1/5.
4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung seitens der Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 100.000 Euro abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Kläger können die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger, Mitglieder einer Rechtsanwalts- und Patentanwaltskanzlei in M., die fast ausschließlich im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes tätig sind, nehmen die Beklagte, einen Verlag in der Rechtsform der Public Limited Company mit Sitz in L., mit der am 24.5.2000 eingereichten und der Beklagten am 25.10.2000 zugestellten Klage auf Unterlassung in Anspruch mit der Behauptung, die Verbreitung von Rangfolgen über „leading firms” auf dem Anwaltssektor stelle sich als wettbewerbswidrig dar.
Im Verlag der Beklagten erscheint jährlich (seit 1995) ein Verzeichnis mit dem Titel „Managing Intellectual, Property/World IP Contact Handbook” (im Folgenden Handbuch), das auch in der BRD zum Teil kostenlos abgegeben und zum Teil zusammen mit der (seit 1989) monatlich erscheinenden Publikation „Managing Intellectual Property” (im Folgenden MIP) im Abonnement (Jahrespreis £ 275) in der BRD an 28 Abonnenten vertrieben wird (Bl. 207). Das Handbuch enthält im Wesentlichen ein Verzeichnis von im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes tätigen Kanzleien sowie Agenturen. So finden sich in der Ausgabe 1999 (vorgelegt im Original) auf den Seiten 6 bis 30 unter der Rubrik „Special reports” von Mitarbeitern der Beklagten sowie von Anwälten verfasste Beiträge, wobei die Anwälte hierfür ein Entgelt an die Beklagte zu bezahlen haben (im Jahre 2000 US-$ 3.200 laut Werbung der Beklagten, Anlage K 10 zu Bl. 209/213). Unter der Rubrik „Data” erscheinen sodann Aufstellungen über „World's leading brands” und „Leadiìng international and national bodies in intellectual property”, anschließend „The world IP survey” (S. 54–66) und „Patent and Trade Mark Offices: contacts, fees and activities”, sodann die Rubrik „Services” (S. 73–88) und anschließend unter „Firm Profiles” alphabetisch nach Ländern geordnete (kostenpflichtige) Einträge von Anwaltskanzleien (S. 90–392).
Die Kläger beanstanden die Wiedergabe von Rangfolgen von deutschen Anwaltskanzleien im „world IP survey” wie auf der Seite 58 (Es folgt ein Originalzitat aus dem o.g. Handbuch) deren Erstellung im Handbuch 1999 auf S. 54 wie folgt erläutert wird (Es folgt ein Originalzitat aus dem o.g. Handbuch) sowie in der ebenfalls von der Beklagten verlegten, monatlich erscheinenden Publikation „Managing Intellectual Property” (MIP; Oktober-Ausgabe 1999: S. 16 = K 7; S. 18 und 22 = K 1; Originalheft als Anlage B 20 vorgelegt). Unter der Überschrift „Scaling the height” wird hierüber wie folgt berichtet: … (Es folgt ein Originalzitat aus dem o.g. Handbuch)
Auf den folgenden Seiten (S. 16 ff.) werden für Westeuropa, für die Bundesrepublik Deutschland (sowie für weitere ...