Entscheidungsstichwort (Thema)
Erblasser, Ausschlagung, Erbe, Miterbe, Nachlass
Normenkette
BGB §§ 242, 428, 818 Abs. 2, § 1978 Abs. 3, § 2046; GKG § 48; ZPO §§ 3, 91, 97 Abs. 2, §§ 256, 308, 533, 543 Abs. 2, § 708 Nr. 10
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 21.07.2016; Aktenzeichen 52 O 2219/15) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 21. Juli 2016, Az. 52 O 2219/15, aufgehoben, soweit in Ziffer 1 ein Teilgrundurteil ausgesprochen wurde.
2. Es wird festgestellt, dass den Klägern als Gesamtgläubigern aus der Vereinbarung vom 23. Juli 2012 gemäß Ziffer 4 Satz 1 ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) auf 1/3 des Wertes des Nachlasses nach Abzug aller Nachlassverbindlichkeiten und Steuern des am 9. Juli 2012 verstorbenen Friedrich W. Senior, geboren am 6. September 1927, zuletzt wohnhaft ..., zusteht.
3. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 800.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger machen als Gesamtgläubiger Ansprüche auf Zahlung von EUR 800.000,00 aus dem Nachlass des am 9. Juli 2012 verstorbenen Friedrich W. Senior (nachfolgend: Erblasser) geltend.
Der Kläger zu 1) und die Beklagten sind die Kinder des Erblassers. Die Klägerinnen zu 2) und zu 3) sind die Töchter des Klägers zu 1). Der verwitwete Erblasser wurde zu gleichen Teilen beerbt von der Beklagten zu 1 und Maximilian W., dem Sohn des (am Berufungsverfahren nicht mehr beteiligten) Beklagten zu 2).
Am 23. Juli 2012 schlossen die Kinder des Erblassers, die gemeinsam durch den im Berufungsverfahren auf Beklagtenseite als Nebenintervenienten beigetretenen Rechtsanwalt F. N. vertreten waren, eine mit "Vereinbarung" überschriebene Regelung (K 4), welche unter Ziffer 4 bestimmt: "Unabhängig von letztwilligen Verfügungen des Erblassers und unabhängig von den gesetzlichen Regelungen vereinbaren die Vertragsschließenden, dass ihnen bzw. ihren Kindern im Ergebnis je 1/3 des Wertes des Nachlasses nach Abzug aller Nachlassverbindlichkeiten und Steuern zukommt. Dies gilt auch für einen Erben, der sein Erbe, gleich aus welchem Grund, ausschlägt."
Nach Abschluss dieser Vereinbarung haben der Kläger zu 1) für sich und für die zum Zeitpunkt des Erbfalls noch minderjährigen Klägerinnen zu 2) und zu 3) sowie der Beklagte zu 2) und dessen nicht am Rechtsstreit beteiligte Tochter Sabine das Erbe ausgeschlagen. Die Klägerinnen zu 2) und zu 3) haben ihre Ausschlagung nachfolgend angefochten; die Wirksamkeit der Ausschlagung wurde mittlerweile rechtskräftig festgestellt. Zwischen den Kindern des Erblassers untereinander und zwischen dem Kläger zu 1) und dem vormals gemeinsamen anwaltlichen Vertreter Rechtsanwalt N. ist es zum Zerwürfnis gekommen.
Die Kläger haben vor dem Landgericht von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von EUR 800.00,00 an sie als Gesamtgläubiger begehrt sowie für den Fall, dass das Gericht zur Höhe des Anspruchs eine Beweisaufnahme für erforderlich halten würde, den Erlass eines Grundurteils (Schriftsatz vom 6. April 2016, Seite 18, Bl. 142 ff, 159). Sie haben die Auffassung vertreten, dass sich der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus Ziffer 4 der Vereinbarung vom 23. Juli 2012 (K 4) ergebe. Bei diesem Anspruch handele es sich zwangsläufig um einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch, da in der genannten Vereinbarung geregelt sei, dass die Begünstigten nicht je 1/3 des Nachlasses, sondern je 1/3 des Nachlasswerts erhalten sollten. Wie sich aus § 818 Abs. 2 BGB ergebe, sei der Wertersatz immer in Geld zu leisten. Der Nachlass habe einen Wert von EUR 2.794.994,40. Der Anspruch der Kläger belaufe sich damit auf EUR 931.664,80, mindestens also auf den mit der Klage geltend gemachten Betrag.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Unschlüssigkeit der Klage eingewandt und vorgetragen, ein Zahlungsanspruch der Kläger sei nicht ersichtlich. Insbesondere stelle die Vereinbarung vom 23. Juli 2012 (K 4) lediglich eine Absichtserklärung dar und gewähre den Klägern keinen eigenen Anspruch. Auch sei nicht bestimmt, dass eine etwa geschuldete Leistung in Geld erfolgen müsse. Vielmehr habe ein Miterbe Anspruch auf Auseinandersetzung des Nachlasses nach § 2046 BGB. Ob das, was den Erbstämmen zukomme, Geld oder Sachwert betreffe, sei an keiner Stelle bestimmt worden, es müsse nur 1/3 des Nachlasses sein. Der Beklagte zu 2) sei nicht passivlegitimiert. Darüber hinaus verstoße die Klage gegen Treu und Glauben; die Kläger hätten die Grundvereinbarung vorsätzlich gebrochen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Teilend- und Teilgrundurteil vom 21. Juli 2016 hat das Landgericht die Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen und festgestellt, dass die Beklagte zu 1) dem Grunde nach aus der Vereinbarung vom 23. Juli 2012 gemäß Zi...