Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 23.12.2010; Aktenzeichen 12 O 9324/10) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. Dezember 2010 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, bei Stromversorgungsverträgen, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:
a)
"Preise bei Zahlungsverzug (je Vorgang) Mahnkosten (umsatzsteuerfrei) 5,00 Euro"
b)
"Unterbrechung der Versorgung (umsatzsteuerfrei) 34,15 Euro Wiederherstellung der Versorgung 54,15 Euro (netto) 64,44 Euro (brutto)".
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10. Juli 2010 zu zahlen.
3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger ist der - in der vom Bundesamt für Justiz geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene - Dachverband der 16 Verbraucherzentralen und weiterer Verbraucherverbände; er beanstandet von der Beklagten verwendete AGB-Klauseln.
Die Beklagte ist Stromversorger und erbringt diese Dienstleistung auch gegenüber Endverbrauchern im Bereich der Landeshauptstadt München und von Umlandgemeinden. Dabei beliefert die Beklagte Haushaltskunden in der Grundversorgung. Ferner beliefert sie Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung (sog. Normsonderkunden), gegenüber denen die Beklagte im Rahmen des von ihr angebotenen Stromversorgungsvertrags "M-Strom privat" u.a. folgende Klauseln verwendet (vgl. Anlagen K 2 und K 3):
"2.9
Der Vertrag setzt das Bestehen einer Einzugsermächtigung oder die Erklärung des Kunden voraus, dass die Zahlungen in bar am Kassenautomaten der S. in ... München erfolgen. Die S. sind berechtigt, bei Wegfall der Einzugsermächtigung oder wenn der Kunde wegen einer Zahlung gemahnt werden muss, den Vertrag mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats zu kündigen. ..."
"3.2
Preise bei Zahlungsverzug (je Vorgang)
Mahnkosten (umsatzsteuerfrei) 5,00 Euro
..."
"3.3
Preise bei Unterbrechung/Wiederherstellung der Versorgung (je Vorgang)
Unterbrechung der Versorgung (umsatzsteuerfrei) 34,15 Euro Wiederherstellung der Versorgung 54,15 Euro [netto] 64,44 Euro [brutto]"
..."
Die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Lieferung von "M-Strom privat", Stand: 30. April 2008 enthalten ferner folgende im Streitfall nicht angegriffene Klauseln:
"2.6
Dem Kunden werden für ... Mahnung, ... Unterbrechung der Versorgung und Wiederherstellung der Versorgung Entgelte berechnet. Diese Entgelte werden jeweils gemeinsam mit den Allgemeinen Preisen der S. für die Grundversorgung veröffentlicht."
"7.3
Soweit nichts Abweichendes vereinbart wurde, gilt im Übrigen die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV) vom 26.10.2006 (Bundesgesetzblatt I 2006 S. 2391) in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die StromGVV kann bei der S. GmbH, ... München oder unter www.s. .de eingesehen werden."
Das Preisblatt Strom Allgemeine Preise S. GmbH, Strompreise für die Landeshauptstadt München, gültig ab 1. Januar 2010 enthält außerdem folgende im Streitfall nicht angegriffene Klausel:
"Versorgungsbedingungen
Es gilt die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV) vom 26.10.2006 (BGBl. I S. 2391) sowie die Ergänzenden Bedingungen der S. GmbH zur StromGVV (Anlage zur StromGVV) in der jeweils gültigen Fassung."
Der Kläger war in erster Instanz der Auffassung, dass der zweite Satz der Klausel 1 sowie die Klauseln 2 und 3 gemäß §§ 307 ff. BGB unwirksam seien.
Der Kläger hat die Beklage vorprozessual - auch wegen der Verwendung weiterer Klauseln - abgemahnt (vgl. Anlage K 4...