Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einer Gesellschafterversammlung einer GmbH Beschluss über die Verrechnung/Aufrechnung des auf den Gesellschafter entfallenden Gewinns mit dessen negativem Verrechnungskonto gefasst, so handelt es sich um eine Beschlussfassung über die Gewinnverwendung iS. d. § 29 GmbHG.
2. Strebt ein Gesellschafter einen positiven Gewinnverwendungsbeschluss in Form der Gewinnausschüttung durch gerichtliche Entscheidung an, muss er gegen den gefassten Verrechnungsbeschluss zunächst fristgerecht mit der Anfechtungsklage, die mit der Klage auf positive Beschlussfeststellung verbunden werden kann, vorgehen.
Normenkette
GmbHG § 29
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 17.01.2007; Aktenzeichen 8 HKO 15953/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 17.1.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, Dr. T. und Drs. D. sind Gesellschafter der Beklagten. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass der Jahresüberschuss der Beklagten für das Jahr 2004 ausgeschüttet wird.
In der Gesellschafterversammlung vom 15.3.2004 (Anlage K 2) war die Satzung der Gesellschaft geändert worden und in Ziff. 17.4 festgelegt: "Gewinne werden ausgeschüttet."
Am 19.6.2006 fand eine ordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, in der ausweislich des Protokolls (TOP 1) der Jahresabschluss der Beklagten mit Lagebericht 2004 einstimmig festgestellt wurde (vgl. Anlage K 1), unter TOP 2 "Beratung und evtl. Beschlussfassung über das Ergebnis 2004" wurden der Jahresüberschuss bezogen auf die einzelnen Sektionen der Gesellschafter erörtert und der auf den Kläger entfallende Jahresüberschuss mit 292.128,33 EUR beziffert. Der Jahresüberschuss betrug insgesamt 981.197,68 EUR, dieser wurde durch einstimmigen Beschluss festgestellt. Im Anschluss daran erfolgte unter TOP 4 die Beratung über die Ausschüttung des Jahresüberschusses 2004 an den Gesellschafter Dr. H., den hiesigen Kläger. Der Beschlussantrag: "Die Gesellschafter der A.-Klinik beschließen, dass der Jahresüberschuss 2004, Sektion Dr. H., an den Gesellschafter Dr. H. ausgeschüttet wird" wurde gegen die Stimme des Klägers abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurden die Anträge zur Gewinnausschüttung an die Mitgesellschafter Dr. T. und Drs. D.
Nach Klageerhebung vom 31.8.2006 fand am 9.10.2006 eine weitere Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, an der der Kläger und Dr. T. persönlich teilnahmen, für Drs. D. RA Dr. S. Ausweislich des Protokolls der Sitzung wurde unter TOP 1 "Beratung und evtl. Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung des in der Gesellschafterversammlung vom 19.6.2006 festgestellten Jahresabschlusses der A.-Klinik GmbH zum 31.12.2004" gegen die Stimme des Klägers der Beschluss gefasst, dass das Ergebnis des festgestellten Jahresabschlusses verrechnet wird. Unter TOP 2 wurde ebenfalls gegen die Stimme des Klägers beschlossen, dass eine Aufrechnung der Gewinnausschüttungsansprüche der Gesellschafter Dr. T. und Dr. H. für das Jahr 2004 mit den negativen Verrechnungskonten der Gesellschafter Dr. T. und Dr. H. vorgenommen wird. Der Beschluss wurde in der Folgezeit umgesetzt, dem Kläger wurde der überschießende Betrag des Jahresüberschusses 2004 ausgezahlt.
Der Kläger ist der Ansicht, aufgrund der eindeutigen Regelung in der Satzung, Ziff. 17.4, sei der Jahresüberschuss auszuschütten. Entgegen der satzungsmäßigen Bestimmung sei in der Gesellschafterversammlung vom 19.6.2006 über die Gewinnverwendung in der Weise beschlossen worden, dass der Antrag auf Ausschüttung des Jahresgewinns abgelehnt wurde. Dieser Beschluss stehe im eklatanten Widerspruch zur Satzung der Gesellschaft. Auch die nach Klageerhebung durchgeführte Gesellschafterversammlung und die dort gefassten Beschlüsse über die Verrechnung bzw. Aufrechnung widersprechen der Regelung in der Satzung. Im Wege der von ihm erhobenen Gestaltungsklage könne und müsse der Gewinnverwendungsbeschluss durch ein gerichtliches Urteil ersetzt werden.
Der Kläger stellte den Antrag, dass festgestellt werde, dass der Jahresüberschuss 2004 der Beklagten ausgeschüttet werde.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, für die Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Durch Gesellschafterbeschluss vom 19.6.2006 sei der Antrag auf Barausschüttung abgelehnt worden, gegen diesen Beschluss habe sich der Kläger nicht gewehrt, so dass er bestandskräftig sei. Spätestens mit Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung vom 9.10.2006 sei ein Gewinnverwendungsbeschluss gefasst worden. Dieser sei, da ebenfalls nicht angefochten, bestandskräftig. Die Verrechnung/Aufrechnung mit Gegenansprüchen der Gesellschaft beruhe...