Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 29.12.1999; Aktenzeichen 1 HKO 2951/99) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 29.12.1999 – 1 HKO 2951/99 – aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Standes- und wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Werbung des Antragsgegners für seine Anwaltskanzlei.
Der Antragsteller ist der in L. bestehende örtliche Anwaltsverein, der die Klagebefugnis gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG für sich in Anspruch nimmt. Der Antragsgegner ist seit dem Jahre 1990 als Rechtsanwalt zugelassen und in L. niedergelassen. In der von ihm betriebenen Kanzlei sind weitere fünf – ersichtlich jüngere – Anwälte und – als Sekretariatspersonal – sieben Damen tätig. Die Kanzlei führt die Bezeichnung DR. J. & K. und das graphisch ausgestaltete, durch Eintragung in die Markenrolle des Deutschen Patent- und Markenamtes markenrechtlich geschützte Logo DR. J. & K. ANWÄLTE (vgl. Anlage A 1).
Im Oktober 1999 hat der Antragsgegner für seine Kanzlei mit einer Praxisbroschüre (Anlage A 1) geworben, indem er diese Broschüre mit einem in vielen Fällen eine persönliche Anrede des Adressaten („Sehr geehrter Herr …”) enthaltenden Begleitschreiben (Anlage A 3) an etwa 30.000 Empfänger aus Industrie, Handel und Gewerbe sowie dem Kreis der selbständig Tätigen versandte. Der Antragsteller hat geltend gemacht, darin liege ein Verstoß gegen § 43 b BRAO: Die Broschüre gehe nach Form und Inhalt über eine sachliche Information über die berufliche Tätigkeit des Antragstellers weit hinaus; es handele sich um eine eindeutig reklamehafte, Personen herausstellende Werbung. Von Bedeutung sei der aufwendige, mehrfarbige Druck auf Hochglanzpapier und die Verwendung einer größeren Anzahl farbiger Fotos. Die teilweise in reklamehafter Sprache gehaltenen Ausführungen zielten auf eine Mandatserteilung durch die angesprochenen Firmen ab. Insgesamt handele es sich um eine reklamehafte, für die gewerbliche Wirtschaft typische kommerzielle Werbemaßnahme unter erheblichem Kapitaleinsatz. Zudem handele es sich um eine auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtete Werbung, da mit ihr an einen bestimmten Personenkreis – die gewerbliche Wirtschaft – herangetreten werde; es handele sich um einen Personenkreis mit vermutetem Beratungsbedarf, auch um Mandanten anderer Anwälte.
Der Antragsteller hat beantragt,
dem Antragsgegner unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit seiner anwaltlichen Tätigkeit gegenüber Personen, die nicht zum Mandantenkreis des Antragsgegners gehören, Kanzleibroschüren der beigefügten Art zu versenden, insbesondere wenn dies unter unaufgeforderter Übersendung von mehrfarbigen, aufwendig gestalteten Hochglanzpraxisbroschüren an Personen, die nicht zum Mandantenkreis des Antragsgegners gehören, erfolgt.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Er hat geltend gemacht, es handele sich bei der von ihm verbreiteten Broschüre nicht um eine reisserische, plakative Werbung mit Methoden der gewerblichen Wirtschaft, sondern um eine zurückhaltende sachliche Information, die gemäß § 43 b BRAO zulässig sei. Eine professionelle farbige Gestaltung der Broschüre sei unbedenklich, der Kapitaleinsatz für Werbungszwecke rechtlich ohne Bedeutung. Der Antrag des Antragstellers sei im übrigen nicht hinreichend bestimmt und zu weit gefasst; er erfasse jedenfalls auch rechtmäßiges Verhalten.
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht den Antragsgegner nach dem Antrag des Antragstellers verurteilt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die streitige Broschüre enthalte insgesamt eine unsachliche und damit unzulässige Werbung. Dabei könne die Bewertung des in der Broschüre enthaltenen Textes dahinstehen. Dass eine eindeutig reklamehafte Werbemethode vorliege, ergebe sich insbesondere aus den vielen farbigen Fotos, für die ein sachlicher Grund fehle; dies gelte insbesondere hinsichtlich der durchweg jungen und attraktiven weiblichen Mitarbeiter, deren Abbildung ohne sachlichen Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Antragsgegners sei und als Blickfang diene. Es entstehe der Eindruck des Reisserischen, Unsoliden und Reklamehaften. Zugleich liege ein Verbot der Werbung um die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall vor, da der Antragsgegner sich an einen Personenkreis gewandt habe, bei dem er einen gegenwärtigen Beratungsbedarf vermutet habe. Ein an sich zulässiges Serienrundschreiben liege nicht vor, da der Antragsgegner die Empfänger zumindest teilweise persönlich angesprochen habe. Bei den Empfängern entstehe daher der Eindruck eines direkten, an sie gerichteten individuellen Anschreiben des Antragsgegners.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Antragsgegners. Mit ihr wiederholt und vertieft e...