Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Vermächtnis

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Testamentsauslegung

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2048

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 26.01.2000; Aktenzeichen 9 O 21006/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I 9. Zivilkammer vom 26.01.2000 aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 16.000,– abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Der Wert der Beschwer der Klägerin im Berufungsverfahren übersteigt DM 60.000,–.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die teilweise Erfüllung eines Vermächtnisses.

Die beiden Beklagten sind die einzigen Abkömmlinge der am 07.02.1996 verstorbenen Frau … Sie hinterließ ein Nettovermögen von ca. DM 260.000,–. Darunter befanden sich Schmuckstücke, eine Münzsammlung und eine Sammlung von Hummelfiguren im Gesamtwert von ca. DM 6.000,–.

Die Erblasserin hatte am 17.02.1995 ein eigenhändiges Testament mit folgendem Wortlaut errichtet:

„Testament

Ich, … geboren … verfüge für den Fall meines Todes folgendes:

Als meinen Alleinerben setze ich eine gemeinnützige rechtsfähige Institution für Kinderkrebshilfe ein. Die genaue Bestimmung der Institution soll durch meinen Testamentsvollstrecker Herrn Rechtsanwalt … erfolgen.

An Vermächtnissen setze ich daneben aus:

Meine Tochter … erhält meine Münzsammlung, die sich im Banksafe der … befindet und meine Hummelfiguren.

Meinen Schmuck erhalten meine Töchter … und … je zur Hälfte.

Als meinen Testamentsvollstrecker bestimme ich Herrn Rechtsanwalt … der auch eine Abschrift dieses Testamentes besitzt.

… den 17. Februar 1996.”

Der zum Testamentsvollstrecker bestellte Rechtsanwalt … gab den Schmuck und die Sammlungen, wie von der Erblasserin bestimmt, an die Beklagten heraus. Außerdem überwies der Testamentsvollstrecker am 28.01.1997 und 21.05.1997 insgesamt DM 70.000,– an den nunmehrigen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten. Das Geld sollte Akontozahlungen für Pflichtteilsansprüche der Beklagten darstellen.

Der Testamentsvollstrecker bestimmte außerdem – ausgehend von der vollständigen Wirksamkeit des Testamentes – die Abteilung für Onkologie des … als Erbin, dessen Trägerin die Klägerin ist.

Das Nachlaßgericht … wies mit Schreiben vom 21.05. und 23.05.1997 die Klägerin, die Beklagten und den Testamentsvollstrecker darauf hin, daß die Erbeinsetzung im Testament für unwirksam erachtet werde und die Beklagten als gesetzliche Erben zu je 1/2 berufen seien. Ferner vertrat das Nachlaßgericht die Auffassung, daß die Erben mit einem Vermächtnis in Höhe des Nachlasses zu Gunsten einer Institution der Kinderkrebshilfe, die vom Testamentsvollstrecker bestimmt werden könne, belastet seien.

Die Beklagten erklärten daraufhin am 30.06.1997 bzw. 24.07.1997 die Annahme der Erbschaft. Am 05.08.1997 erteilte das Nachlaßgericht antragsgemäß den Beklagten einen gemeinschaftlichen Erbschein. Der Testamentsvollstrecker bestimmte daraufhin die Abteilung für Onkologie des … als Vermächtnisnehmerin. Die Klägerin nahm das Vermächtnis mit Erklärung vom 12.02.1998 an.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei wirksam vom Testamentsvollstrecker zur Vermächtnisnehmerin bestimmt worden. Die Beklagten seien als Erbinnen verpflichtet, den Gesamtnachlaß aufgrund der Vermächtnisanordnung herauszugeben.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten samtverbindlich zu verurteilen, an die Klägerin DM 70.000,– nebst 4 % Jahreszinsen hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen,

hilfsweise: jede Beklagte einzeln zur Zahlung von DM 35.000,– nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu verurteilen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, das Testament ihrer Mutter vom 17.02.1995 sei entweder insgesamt unwirksam oder die Klägerin habe die Stellung einer Alleinerbin. Zumindest sei die Klägerin nicht wirksam zur Vermächtnisnehmerin bestimmt worden. Den Beklagten stünde ein die Klageforderung übersteigender Pflichtteilsanspruch zu. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten bestehe ohnehin nicht.

Für den Fall, daß das Landgericht davon ausgehe, daß die Klägerin Vermächtnisnehmerin geworden sei, haben die Beklagten mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 23.12.1999 (Bl. 51/56 d. A.) die Ausschlagung der Erbschaft erklärt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen … Bezüglich der Aussage dieses Zeugen wird auf das Protokoll der Beweisaufnahme vom 03.11.1999 (Bl. 47/49 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien gesetzliche Erben zu je 1/2 nach … da die Erbeinsetzung einer „gemeinnützigen rechtsfähigen Institution für Kinderkrebshilfe” gemäß § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam sei.

Diese unwirksame Erbeinsetzung sei jedoch umzudeuten in eine Universalv...

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