Entscheidungsstichwort (Thema)
Bauvertrag: Wirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Vertragserfüllungsbürgschaft
Leitsatz (amtlich)
Die Vereinbarung einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10%, die sämtliche Ansprüche absichert, stellt sich nur dann wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers als unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 BGB dar, wenn nicht gewährleistet ist, dass die Bürgschaft unmittelbar nach der Abnahme zurückgegeben werden muss oder der Sicherungsumfang nach Abnahme in anderer Weise auf 5% beschränkt ist. (Rn. 22)
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 17.12.2021; Aktenzeichen 14 HK O 4100/20) |
Nachgehend
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Teilurteil des Landgerichts München I vom 17.12.2021, Az. 14 HK O 4100/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Gründe
I. Urteil des Landgerichts
Das Landgericht hat mit Teilurteil die auf Herausgabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft gerichtete Klage vollumfänglich abgewiesen.
Die zulässige Klage sei unbegründet. Zwar erscheine die Kombination von Vertragserfüllungs- und Gewährleistungssicherheitsbürgschaft problematisch angesichts der Rechtsprechung des BGH. Jedoch sei vorliegend eine Prüfung der Klauseln anhand der Maßstäbe der §§ 307 ff BGB nicht möglich. Bei den Klauseln handele es sich um konkret ausgehandelte Bauträgerverträge, die in vielen Teilen, nicht jedoch hinsichtlich der Sicherheitsstellung, zwischen den Parteien verhandelt und abgeändert worden seien. Aus den von der Beklagtenseite vorgelegten Generalunternehmervertragsentwürfen ergebe sich, dass umfassende handschriftliche Anmerkungen der Klägerseite sowie Markierungen durch Highlighter enthalten seien. Diese Entwürfe hätten zwar zu - 2 - nächst nur das Bauvorhaben K. 20 in M. und gerade nicht das streitgegenständliche Bauvorhaben in G. betroffen. Dem weiteren Vortrag der Beklagten, dass man jedoch alle drei Bauvorhaben, insbesondere die K. 20 und T. 16 in G. gemeinsam verhandelt habe, sei die Klägerin aber nicht mehr entgegengetreten. Der Vortrag der Beklagten sei auch durch die handschriftlichen Vermerke auf dem Beginn der Anlagen zum Schriftsatz vom 08.09.2020 der Beklagten gestützt worden, die auf der Zuleitungsmail, die von der Klägerin an die Beklagtenseite übersandt wurde, handschriftliche Vermerke bezüglich eines Bauvorhabens Grünwald getragen habe. Insbesondere bezüglich der Gewährleistung und der Gewährleistungsfristen unter § 11 sowie auch bei § 13 seien handschriftliche Vermerke vorhanden.
Vor diesem Hintergrund müsse das Gericht davon ausgehen, dass die gesamten Verträge bezüglich des Bauvorhabens K. 20 und des streitgegenständlichen Bauvorhabens zwischen den Parteien ausgehandelt worden seien. Die Vielzahl der handschriftlichen Änderungen, die sich dann auch im abgeschlossenen Vertrag wieder gefunden hätten, zeigten, dass sämtliche Vertragspassagen zur Verhandlung gestellt worden seien. Der Vergleich zwischen dem von der Beklagtenseite vorgelegten Vertragsverhandlungsexemplar mit der von der Klägerseite vorgelegten Ausfertigung des Generalunternehmervertrages zeige auch, dass Verhandlungen und Änderungswünsche der Klägerseite weitgehend berücksichtigt worden seien. Diese aufgeführten und eine große Anzahl weiterer berücksichtigter Änderungswünsche der Klägerseite zeigten, dass die Verträge zwischen den Parteien zur vollständigen Verhandlungsdisposition gestanden hätten und daher einer AGB-Kontrolle gemäß § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht mehr zugänglich seien. Daher habe vorliegend auch nicht die Unwirksamkeit der von der Klägerseite inkriminierten Klauseln bezüglich der Stellung von Bürgschaften festgestellt werden können.
II. Berufung
Gegen dieses Teilurteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung in vollem Umfang der Klageabweisung mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten gemäß den Anträgen erster Instanz.
Gerügt wird insbesondere:
- Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, angebliche Verhandlungen über einen früheren Vertrag zu einem anderen Bauvorhaben der Schwestergesellschaft der Beklagten führten dazu, dass auch die streitgegenständliche Sicherheitsabrede einer AGB-Kontrolle entzogen sei.
Das Landgericht habe selbst festgestellt, dass über die konkrete Klausel zur Sicherheitsabrede gerade keine Verhandlungen geführt worden seien.
- Nachdem sich die Vertragserfüllungs- und Gewährleistungssicherheit inhaltlich und zeitlich überschnitten, liege eine unangemessene Benachteiligung zweifelsfrei vor.
Nach dem Klauselwerk stünden für den Zeitraum von der Abnahme bis zur ...