Leitsatz (amtlich)

Ist die mündliche Verhandlung geschlossen, kommt selbst angesichts eines anberaumten Verkündungstermins die Verhängung eines Ordnungsmittels wegen Ungebühr nicht mehr in Betracht.

 

Verfahrensgang

AG Wittenberg (Beschluss vom 15.07.2014; Aktenzeichen 8 C 931/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten und seiner an der mündlichen Verhandlung nicht beteiligten Ehefrau B. P. wird der Beschluss des AG Wittenberg vom 15.7.2014 aufgehoben.

 

Gründe

I. Das AG hat gegen den Beklagten und seine im Sitzungssaal anwesende Ehefrau jeweils Ordnungsgelder von 150,00 EUR wegen Ungebühr festgesetzt. Gegen diese, ihnen am 19.7.2014 zugestellte Entscheidung wenden sich die Betroffenen mit der am 23.7.2014 beim AG eingegangenen Beschwerde.

II. Die nach § 181 I GVG i.V.m. § 569 I S. 1, 2; II ZPO zulässige und gemäß §§ 181 III; 122 I; 22 I GVG und § 568 S. 1 ZPO vom Einzelrichter des Oberlandesgerichts zu entscheidende Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Ordnungsmittelbeschluss des AG ist aufzuheben.

Nach der Darstellung des Geschehens durch das AG und dem Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung erging der Beschluss vom 15.7.2014 erst im Anschluss an die Sitzung. Die Befugnis des AG zur Festsetzung des Ordnungsgeldes endete aber mit der mündlichen Verhandlung (OLG Köln, Beschluss vom 18.1.1993, 9 W 6/93 - zitiert in juris; Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 178 Rdn. 6). Gemäß §§ 178 I S. 1; 182 GVG wird über die Verhängung eines Ordnungsmittels wegen Ungebühr in der Sitzung entschieden. Ein dieser nachfolgender Beschluss ist zur Aufrechterhaltung der äußeren Ordnung zwecklos.

Soweit das AG meint, der nach §§ 310 I S. 1; 495 ZPO anberaumte Verkündungstermin rechtfertige das Ordnungsmittel, steht dieser Auffassung schon § 310 II ZPO entgegen, wonach die Verkündung nicht mehr Bestandteil der gemäß § 136 IV ZPO geschlossenen mündlichen Verhandlung ist, deren sachgerechte Durchführung vom ungebührlichen Verhalten gestört wurde. Eine prophylaktische Festsetzung von Ordnungsmitteln sieht das Gesetz nicht vor, zumal weder der Beklagte (§ 312 I ZPO) noch seine Ehefrau (§ 173 GVG) zum Verkündungstermin erscheinen mussten. Störungen der Verkündung sind gemäß §§ 178 I S. 1; 182 GVG in dem hierfür vorgesehenen Termin zu ahnden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI8765939

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