Leitsatz (amtlich)

1. Wird die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz direkt beim Beschwerdegericht eingelegt, muss die erste Instanz nicht zwingend über die Abhilfe befinden.

2. Stellt der Antragsteller seinen ohne Anwalt möglichen Antrag, über den das Gericht sogleich ohne Anhörung der Gegenseite entscheidet, unterfällt auch die sofortige Beschwerde gem. §§ 78 Abs. 3; 569 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht dem Anwaltszwang.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 16.05.2014; Aktenzeichen 10 O 696/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Magdeburg vom 16.5.2014 aufgehoben.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wandte sich am 14.5.2014 mit dem "Antrag auf einstweilige Anordnung bzw. Klage" an das AG Magdeburg. Hierzu erklärte er, die Wahl zum Genderteam und die Geschlechterquote in Satzung, Wahlordnung des Landesparteitages und Geschäftsordnung des Landesparteitages anzufechten. Als Streitwert gab der Antragsteller unter Bezugnahme auf §§ 48 II; 52 II GKG 5.000 EUR an. Den für den einstweiligen Rechtsschutz und die Hauptsache formulierten Anträgen ist folgender Satz nachgestellt:

"Die hier gemachten Anträge werden nur eingereicht, wenn eine Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, andernfalls erklärt der Antragsteller/Kläger die Verfahren nicht eröffnen zu wollen".

Mit einem weiteren am 14.5.2014 eingegangenen Schreiben hat der Antragsteller für den Fall, dass sich das AG für nicht zuständig hält, die Verweisung an das LG und die Bestellung eines Notanwalts beantragt.

Noch am 14.5.2014 hat das AG den Wert des Streitgegenstandes auf 50.000 EUR festgesetzt, sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das LG Magdeburg verwiesen. Die dortige Einzelrichterin wies die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und die Bestellung eines Notanwalts für das einstweilige Rechtsschutzverfahren mit Beschluss vom 16.5.2014 auf Kosten des Antragstellers zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, für den einstweiligen Rechtsschutz durch staatliche Gerichte fehle dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis. Auch insoweit seien zuvor die parteiinternen Rechtsschutzmöglichkeiten auszuschöpfen. So habe hier das vom Antragsteller angerufene Schiedsgericht noch nicht entschieden. Das Anstehen neuerlicher Wahlen behaupte der Antragsteller nur unsubstantiiert, ohne dass eine Glaubhaftmachung stattfinde. Zudem bestehe die Möglichkeit erneuter Wahlanfechtung. Der Beiordnung eines Notanwalts bedürfe es im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht.

Gegen diese, ihm am 21.5.2014 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit einem zumindest am 30.5.2014 beim OLG eingegangenen Schreiben vom 25.5.2014 und erklärt, sofortige Beschwerde einzulegen. Hierin verweist er insbesondere darauf, die Anträge von der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht zu haben. Außerdem übergehe das LG die vom Antragsteller detailliert dargestellten Gründe, die es zuließen, die ordentlichen Gerichte trotz des laufenden Schiedsverfahrens mit der Sache zu befassen.

II.1. Über die Beschwerde entscheidet der Einzelrichter, weil bereits die angefochtene Entscheidung von einer Einzelrichterin erlassen wurde (§ 568 1 ZPO).

Auf eine vorhergehende Entscheidung des LG über die Abhilfe (§ 572 I 1 ZPO) kommt es nicht an. Wird die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz direkt beim Beschwerdegericht eingelegt, muss die erste Instanz nicht zwingend über die Abhilfe befinden (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 922 Rz. 13; Zöller/Heßler, § 572 Rz. 4; Mayer, in: BeckOK-ZPO, Stand: 15.3.2014, § 922 Rz. 14).

2. Das Rechtsmittel des Antragstellers ist gem. §§ 567 I; 569 I 1 u. 2, II, III Nr. 1; 78 III; 78b II; 936; 937 II; 920 III; 922 III ZPO zulässig. Auch die sofortige Beschwerde, mit der sich der Antragsteller gegen die Zurückweisung seines Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz durch Beschluss wendet, bedurfte keiner anwaltlichen Vertretung. Insoweit schließt sich der Senat zumindest für den vorliegenden Fall der überwiegend vertretenen Auffassung an (OLG Celle NJW-RR 2009, 977 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, § 920 Rz. 7; § 922 Rz. 13 m.w.N.; § 78 Rz. 21; Musielak/Weth, ZPO, 11. Aufl., § 78 Rz. 24 m.w.N.; Zimmermann, ZPO, 9. Aufl., § 922 Rz. 3; a.A. PG/Fischer, ZPO, 6. Aufl., § 920 Rz. 4 m.w.N.; § 922 Rz. 10 m.w.N.; Piekenbrock, in: BeckOK-ZPO, Stand: 15.7.2013; § 78 Rz. 34 m.w.N.). Es kann dabei offen bleiben, ob aus §§ 936, 920 III, 78 III ZPO die Freistellung des Beschlussverfahrens des LG (vgl. § 922 I 1 ZPO) vom Anwaltszwang i.S.v. § 569 III Nr. 1 ZPO folgt (für § 486 IV ZPO verneinend BGH NJW 2012, 2810 ff.). Bis zur zurückweisenden Entscheidung der Kammer war das Verfahren erster Instanz jedenfalls ohne Anwalt zu führen, denn der Antragsteller hatte lediglich seinen ohne Anwalt möglichen Antrag gestellt, über den die Einzelrichterin sogleich, ohne Anhörung der Gegenseite (§ 922 III ZPO) entschied. Angesichts dessen stellt sich die sofortige Beschwerde als direkte Fortsetzung d...

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