Leitsatz (amtlich)
Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unterliegt gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO dem Anwaltszwang.
Normenkette
ZPO §§ 78, 569
Verfahrensgang
LG Tübingen (Beschluss vom 06.03.2024; Aktenzeichen 7 O 69/24) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers Ziff. 1 gegen den Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 06.03.2024, Az. 7 O 69/24, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller Ziff. 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens in erster Instanz wird auf 2.200,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Die Antragsteller begehrten im Wege der einstweiligen Verfügung, dass den Antragsgegnern die Entfernung oder Veränderung einer Grenzbebauung, welche Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens ist, untersagt wird.
Die Antragsteller sind Eigentümer der Flurstücke Nr. /16 und /26, K-Straße 30, R.. Die Antragsgegner sind Eigentümer des Flurstücks Nr. /32, S. 3, R., das an das Flurstück Nr. /26 der Antragsteller grenzt. Seit Anfang des Jahres 2022 ist zwischen den Parteien ein selbständiges Beweisverfahren beim Landgericht Tübingen anhängig (Az. 7 OH 2 / 22). In dem Verfahren begehren die Antragsteller eine Beweiserhebung - unter anderem - zu der Frage, ob sich eine von den Antragsgegnern vorgenommene Grenzbebauung auf dem Grundstück der Antragsteller befindet und auf welche Ursachen die Neigung einer auf dem Grundstück der Antragsgegner befindlichen Grenzbefestigung in Form einer ca. 20 m langen Mauer zurückzuführen sei bzw. ob Einsturzgefahr bestehe.
Anders als die Antragsgegner sind die Antragsteller der Auffassung, das die Antragsgegner über die Grundstücksgrenze auf das Grundstück der Antragsteller gebaut hätten. Zudem widersprächen die von den Antragsgegnern errichteten baulichen Anlagen den Vorgaben des Bebauungsplanes. Im verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bringen die Antragsteller zudem vor, dass in den letzten Tagen, insbesondere ab dem 22.02.2024, im Auftrag der Antragsgegner umfangreiche Veränderungsmaßnahmen an der Grenzbebauung vorgenommen worden seien. Dies sei trotz einer behördlichen Bauuntersagung erfolgt. Da aber seit Anfang 2022 ein selbständiges Beweisverfahren zwischen den Parteien anhängig sei, in dem der Zustand der Grenze und der Grenzbebauung begutachtet werden solle, sei vor Abschluss des Beweisverfahrens eine Veränderung der Grenze unzulässig. Es drohe ein Beweisverlust oder eine Beweisvereitelung durch die baulichen Veränderungen, denen mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegengewirkt werden müsse.
Die Antragsteller haben daher wie folgt beantragt:
Den Antragsgegnern wird es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, die Grenzbebauung der Parzelle /32 und /26, S. 3, R. zu entfernen oder zu verändern, bis nach dem Antrag im selbständigen Beweisverfahren der Antragstellerin die vom Sachverständigen an Ort und Stelle zu treffenden tatsächlichen Feststellungen erfolgt sind.
Das Landgericht hat den Antragsgegnern den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht zugestellt.
Mit Beschluss vom 27.02.2024 hat das Landgericht ohne mündliche Verhandlung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass kein Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht sei. Ein Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 BGB scheide aus, weil weder vorgetragen, noch glaubhaft gemacht sei, dass die Antragsgegner mit den behaupteten Veränderungsmaßnahmen an der Grenzbebauung das Eigentum der Antragsteller beeinträchtigten. Es bestehe auch kein Anspruch der Antragsteller auf Unterlassung zur Abwehr des Verlusts von Beweismitteln. Soweit die Antragsteller befürchteten, dass der behauptete ursprüngliche Überbau bzw. die behauptete Neigung infolge von Veränderungsmaßnahmen der Antragsgegner nicht mehr festgestellt werden könnte und den Antragstellern dadurch Rechtsnachteile erwachsen könnten, sehe das Gesetz alleine die Möglichkeit des selbständigen Beweisverfahrens zur Abwehr eines drohenden Rechtsnachteils durch einen Beweismittelverlust vor. Auch unter Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB in Verbindung mit dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis lasse sich kein klagbarer Individualanspruch der Antragsteller dahingehend ableiten, dass die Antragsgegner verpflichtet wären, Veränderungen an ihrer Bebauung, welche für die Nachbarseite nicht von Nachteil seien, alleine aus Beweissicherungszwecken zu unterlassen.
Der Beschluss des Landgerichts ist den Antragstellern - jeweils - am 04.03.2024 zugestellt worden (I/13,14). Mit am 17.03.2024 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schreiben hat der Antragsteller Ziff. 1 (im Folgenden Antragsteller) sofortige Beschwerde gegen den...