Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehelicher Hausrat: Anspruch auf Verteilung des Hausrats ist unabhängig von den Besitzverhältnissen
Leitsatz (amtlich)
Der Hausrat ist, unabhängig davon, ob er sich noch in der ehemaligen Ehewohnung befindet, nach der HausratsVO zu verteilen. Denn bloße Besitzverhältnisse (§§ 854 ff. BGB) können die eigentumsrechtlichen Verhältnisse (§§ 903 ff., 1008 ff. BGB) nicht berühren, und über die Zuweisung in das Alleineigentum einer der Parteien ist noch keine Einigung erzielt worden. Infolgedessen vermag der Senat auch der Ansicht des FamG nicht zu folgen, verteilungsfähiger Hausrat sei im vorliegenden Fall seit Rechtskraft der Scheidung nicht mehr festzustellen.
Normenkette
HausratsVO §§ 1, 8; HausratsVO § 9; BGB § 854
Verfahrensgang
AG Aschersleben (Beschluss vom 16.04.2008; Aktenzeichen 14 F 369/06) |
Tenor
Auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - FamG - Aschersleben vom 16.4.2008 aufgehoben, soweit der Gegenantrag des Antragsgegners abgewiesen worden ist.
Insoweit wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das FamG zurückverwiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 20.481,78 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Gegenstände ihres früheren gemeinsamen Haushalts.
Die Parteien haben am 8.5.2000 geheiratet und sich in der Zeit von 2003 bis 2005 - den genauen Zeitpunkt hat das FamG nicht ermittelt - innerhalb ihres Eigenheims voneinander getrennt. Am 21.2.2006 zog die Antragstellerin aus dem Eigenheim aus und nahm - nach ihrer Darstellung - die "Hälfte" der "ehelichen" Haushaltsgegenstände mit. Der Antragsgegner bestreitet dies und hat zunächst behauptet, die Antragstellerin habe das Eigenheim "vollständig leergeräumt". Später hat er vorgetragen, die Antragstellerin habe das Eigenheim "nahezu" ausgeräumt, auch die Aufstellung der streitbefangenen Gegenstände, die er im Prozess eingereicht habe, sei lediglich "vorläufig".
Mit - rechtskräftigem - Urteil des FamG vom 12.5.2006 wurde die Ehe der Parteien geschieden.
Am 27.10.2006 hat die Antragstellerin den Antrag eingereicht, festzustellen, dass der gesamte "Hausrat" verteilt sei und dem Antragsgegner keine Ausgleichsansprüche zustünden; diesen Antrag hat sie einseitig für "erledigt" erklärt, als der Antragsgegner den Gegenantrag gestellt hat, einen Teil der von ihm "vorläufig" aufgelisteten 111 Positionen an ihn "herauszugeben". Zur Begründung seines Begehrens hat sich auch der Antragsgegner auf die Hausratsverordnung (im Folgenden: HausratsVO) bezogen.
Das FamG hat mit Beschluss vom 16.4.2008 beide Anträge abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit der befristeten Beschwerde. Von der Antragstellerin ist kein Rechtsmittel eingelegt worden.
II. Die zulässige befristete Beschwerde des Antragsgegners gegen die nach der HausratsVO ergangene Entscheidung des FamG (§ 621 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 621e ZPO) ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet:
1. Der Gegenantrag des Antragsgegners auf "Herausgabe" eines Teils der 111 Positionen (Haushaltsgegenständen) ist als Antrag auf eine "Hausratsverteilung" nach der HausratsVO auszulegen (§ 1 Abs. 1 HausratsVO). Nach der HausratsVO hat das Gericht den streitenden Parteien - anders als nach § 1361b BGB - endgültig mit rechtsgestaltender Wirkung Alleineigentum an bestimmten Hausratsgegenständen zuzuweisen, und zwar gegebenenfalls gegen eine Ausgleichszahlung (§ 8 Abs. 3 Satzt 1 HausratsVO). Abweichend von der Ansicht der Antragstellerin ist der Hausrat noch nicht "verteilt", weil die Parteien noch gemeinsamen "Hausrat" haben, über dessen eigentumsrechtliche Zuordnung sie bislang keine Einigung erzielen konnten:
Nicht zum "Hausrat" gehören zwar wesentliche Grundstücksbestandteile eines Eigenheims wie z.B. eine Einbauküche (OLG Hamm, FamRZ 1980, 849). Solche Gegenstände sind rechtlich wie unbewegliche Sachen zu behandeln und teilen eigentumsrechtlich das Schicksal des Grundstücks. Als verteilungsfähige Hausratsgegenstände gelten ferner nicht Haushaltsgegenstände, die ausschließlich von einem Familienmitglied genutzt wurden (BayObLG FamRZ 1982, 399; OLG Hamm FamRZ 1983, 72) wie etwa Gegenstände des individuellen Bedürfnisses wie z.B. ein Rasierapparat, Schmuck usw. (OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 1134) oder Gegenstände, die erst nach der Trennung erworben wurden (BGH NJW 1984, 484, 486). Nach der HausratsVO verteilungsfähig sind nur bewegliche Haushaltsgegenstände. Sie müssen grundsätzlich im Miteigentum der Parteien stehen (§ 8 Abs. 1 HausratsVO) oder als Miteigentum gelten, weil sie während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft wurden (§ 8 Abs. 2 HausratsVO; Alleineigentum kann lediglich ausnahmsweise verteilt werden, § 9 HausratsVO).
Um bewegliche Haushaltsgegenstände, die im Miteigentum der Parteien stehen oder als im Miteigentum stehend gelten, handelt es sich aber - überwiegend - bei den vom Antragsgegner aufgelisteten 111 Positionen, über welche die Parteien streiten. Diese...