Leitsatz (amtlich)
In Kindschaftssachen kann der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung von § 40 Abs. 2 Satz 2 FamGKG höher festgesetzt werden als der erstinstanzliche Verfahrenswert, wenn sich im Beschwerdeverfahren Kriterien ergeben haben, die erstinstanzlich noch nicht vorgelegen haben, bei der erstinstanzlichen Verfahrenswertfestsetzung deshalb auch nicht berücksichtigt werden konnten und diese Kriterien einen höheren Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren begründen.
Tenor
Die Gerichtskosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die beteiligten Kindeseltern je zur Hälfte; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Nachdem die Beteiligten aufgrund des gerichtlich geschlossenen Umgangsvergleichs vom 17. Oktober 2017 das Umgangsverfahren für erledigt erklärt haben, ist gemäß
§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
Dabei ist im Hinblick auf den zwischen den Beteiligten ohne Kostenregelung geschlossenen Vergleich gemäß § 83 Abs. 1 FamFG die Kostenverteilung wie im obigen Beschlusstenor aufgeführt gerechtfertigt. Dabei war zudem zu berücksichtigen, dass den beteiligten minderjährigen Kindern gemäß § 81 Abs. 3 FamFG sowie dem Verfahrensbeistand gemäß § 158 Abs. 8 FamFG keine Kosten auferlegt werden können.
Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegen nicht vor (§ 70 FamFG).
II. Die Festsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf
§§ 40, 45 FamGKG. Dabei hat der Senat von der gemäß § 45 Abs. 3 FamGKG bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, von dem Regelverfahrenswert in Höhe von 3000,00 EUR nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG nach oben hin abzuweichen, da dieser Regelwert nach den besonderen Umständen des vorliegenden Verfahrens für das Beschwerdeverfahren unbillig wäre. Denn es hat im Beschwerdeverfahren eine umfangreiche mündliche Erörterung und persönliche Anhörung aller Beteiligten durch den Senat stattgefunden, die sich über vier Stunden erstreckte und schließlich zu einer einvernehmlichen Lösung geführt hat. Dieser im Vergleich zu anderen Umgangsverfahren erhebliche Zeitaufwand und die Kompliziertheit der Sachlage, wie sie sich im Beschwerdeverfahren u.a. aufgrund geänderter Verhältnisse dargestellt hat, rechtfertigen aus Billigkeitsgesichtspunkten die Erhöhung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren auf 6.000,00 EUR.
Dabei war eine Erhöhung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren nicht durch die Regelung in § 40 Abs. 2 Satz 1 FamGKG ausgeschlossen. Zwar ist nach dieser Vorschrift der Verfahrenswert des Rechtsmittelverfahrens auf den Wert des ersten Rechtszugs begrenzt, der sich hier gemäß der erstinstanzlichen Verfahrenswertfestsetzung auf 3.000,00 EUR beläuft. Allerdings gilt dies nach Satz 2 der genannten Vorschrift nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird. Richtet sich der Wert eines Verfahrens nach den besonderen Umständen des Einzelfalles - wie auch in Kindschaftssachen, was sich aus § 45 Abs. 3 FamGKG ergibt - so ist diese Regelung zumindest analog anzuwenden, wenn sich im Beschwerdeverfahren Kriterien ergeben haben, die erstinstanzlich noch nicht vorgelegen haben und deshalb bei der erstinstanzlichen Verfahrenswertfestsetzung auch nicht berücksichtigt werden konnten (Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, Handkommentar, 2. Auflage, § 40 Rn. 45 und 46). In einem solchen Fall kann deshalb der Verfahrenswert für das Rechtsmittelverfahren auch höher festgesetzt werden als im erstinstanzlichen Verfahren.
Fundstellen
Haufe-Index 11531034 |
FamRZ 2018, 1172 |
FuR 2018, 370 |
AGS 2018, 136 |
FamRB 2018, 312 |
NJW-Spezial 2018, 315 |
RVGreport 2018, 190 |