Leitsatz (amtlich)
Eine Prozesspartei, die einen fristgebundenen Rechtsmittelschriftsatz bei einem unzuständigen Gericht einreicht, das mit der Sache vorher nicht selbst befasst war, darf, weil eine entsprechende nachwirkende Fürsorgepflicht des angegangenen Gerichts nicht besteht, nicht darauf vertrauen, dass das Gericht den fristgebundenen Schriftsatz im Zuge des ordentlichen Geschäftsgangs fristgerecht an das zuständige Rechtsmittelgericht weiterleitet.
Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Urteil vom 12.11.2003; Aktenzeichen 121 Lw 7/03) |
Tenor
I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.
II. Die Berufung der Kläger gegen das am 12.11.2003 verkündete Urteil des AG - Landwirtschaftsgerichts - Halle-Saalkreis wird als unzulässig verworfen.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern auferlegt.
IV. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.734,96 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Herausgabe landwirtschaftlicher Grundstücke in Anspruch.
Mit am 12.11.2003 verkündetem Urteil hat das AG - Landwirtschaftsgericht - Halle-Saalkreis die Klage abgewiesen. Das Urteil ist den Klägern am 11.12.2003 zugestellt worden.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger.
Die an das LG Halle adressierte Berufungsschrift haben die Klägervertreter am 5.1.2004 in den dortigen Nachtbriefkasten eingeworfen. Mit einem angehefteten - undatierten - Vermerk: "Zurück über GF 17 A Irrläufer 2. Rechtszug bei Landwirtschaftsgericht ist das OLG MfG (Namenskürzel)" ist der Schriftsatz wieder in das Gerichtsfach der Prozessbevollmächtigten der Kläger gelegt worden. Auf diese Weise haben die Prozessbevollmächtigten ihre Berufungsschrift nebst Vermerk ausweislich des Eingangsstempels am 13.1.2004 zurückerhalten.
Ebenfalls am 13.1.2004 haben die Kläger nunmehr bei dem OLG Naumburg (erneut) Berufung gegen das am 12.11.2003 verkündete Urteil des AG - Landwirtschaftsgericht - Halle-Saalkreis eingelegt, mit welcher sie ihren erstinstanzlich geltend gemachten Herausgabeanspruch weiterverfolgen.
Weiterhin haben die Kläger beantragt, ihnen gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass der unterzeichnende Prozessbevollmächtigte bei Abfassung des Diktates ausdrücklich das OLG Naumburg benannt habe, die Sekretärin, Frau G. A., aber aus unerklärlichen Gründen als Adressat das LG Halle eingetragen habe.
Die Kläger sind der Ansicht, dass die Berufung noch rechtzeitig bis zum Tage des Ablaufes der Berufungsfrist am 12.1.2004 hätte eingelegt werden können, wenn das LG Halle nach Eingang der Berufungsschrift seiner Verpflichtung, diesen Schriftsatz entweder an das zuständige Gericht weiterzuleiten oder vor dem 13.1.2004 an die Prozessbevollmächtigten der Kläger zurückzureichen, nachgekommen wäre.
II. Die Berufung ist gem. § 48 Abs. 1 S. 1 LwVG i.V.m. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Der Senat macht von der ihm in § 522 Abs. 1 S. 3 ZPO eingeräumten Befugnis Gebrauch, durch Beschluss zu entscheiden.
1. Die Berufung der Kläger ist nicht rechtzeitig innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 517 ZPO eingelegt worden, die mit der am 11.12.2003 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Urteils zu laufen begann.
Gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 LwVG sind Berufungen gegen Urteile der AGe als Landwirtschaftsgerichte bei dem OLG einzulegen. Die entgegen dieser Vorschrift bei dem LG Halle vorgenommene Berufungseinlegung ist unwirksam und hat die Berufungsfrist nicht gewahrt. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass die durch das Verfahrensrecht vorgeschriebene Rechtsmittelfrist nur durch die Rechtsmitteleinlegung beim jeweils hierfür gesetzlich als zuständig bestimmten Gericht eingehalten werden kann (st. Rspr., etwa BGH, Beschl. v. 4.4.2000 - VI ZR 309/99, zitiert nach juris; vom 9.12.1999 - III ZR 73/99, MDR 2000, 326 = WM 2000, 592 [594]; vom 29.11.1999 - NotZ 10/99, MDR 2000, 359 = NJW 2000, 737).
Der Berufungsschriftsatz der Kläger ist beim OLG Naumburg aber erst am Dienstag, dem 13.1.2004, eingegangen.
2. Den Klägern kann auch nicht die nachgesuchte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Ihr Wiedereinsetzungsantrag hat keinen Erfolg, da sie nicht i.S.d. § 233 ZPO ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Notfrist des § 517 ZPO verhindert waren.
a) Auch unter Zugrundelegung des eigenen Vortrages der Kläger ist von einem Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten in der Berufungsinstanz, das die Kläger sich gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müssen, auszugehen.
Die Kläger können sich insb. nicht darauf berufen, es habe an dem Büroversehen einer Kanzleiangestellten gelegen, dass die Berufungsschrift entgegen dem Diktat ihres Prozessbevollmächtigten nicht an das OLG Naumburg, sondern an das LG Halle gerichtet adressiert worden - und dort eingegangen - sei. Denn der Prozessbevollmächtigte einer Partei trägt die persönliche Verantwor...