Leitsatz (amtlich)
Teilt das Gericht im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren mit, es würden Angaben zum Kontostand des Girokontos und die dazu gehörenden Belege der Kontobewegungen der letzten fünf Monate fehlen, so darf der Antragsteller davon ausgehen, dass das Einreichen der Kontoauszüge genügt. Sind die zur Akte gereichten Telefaxkopien nicht lesbar, so darf eine ablehnende Entscheidung erst ergehen, wenn der Antragsteller hierauf ohne Erfolg hingewiesen worden ist.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 16.06.2014; Aktenzeichen 6 O 12/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Halle vom 5.5.2014 über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird der Nichtabhilfebeschluss der 6. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Halle vom 11.6.2014 aufgehoben und insoweit das Verfahren zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
Gründe
I. In seinem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 12.2.2014 hat der Beklagte keine bezifferten Angaben zur Höhe seines Girokontovermögens gemacht. Er hat in dem Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einen Strich in der Rubrik "Kontostand" angebracht. Mit richterlicher Verfügung vom 14.3.2014 ist ihm aufgegeben worden, seine diesbezüglichen Angaben binnen zwei Wochen zu vervollständigen. Es würden Angaben zum Kontostand des Girokontos und die dazugehörigen Belege der Kontobewegungen der letzten fünf Monate fehlen. Die Frist ist antragsgemäß um weitere drei Wochen bis zum 25.4.2014 verlängert worden. Der Beklagte hat seine Angaben nicht vervollständigt. Das LG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Beklagten mit Beschluss vom 5.5.2014 mangels Nachweises der Bedürftigkeit abgelehnt.
Der Beschluss wurde der Beklagtenvertreterin am 9.5.2014 zugestellt. Mit per Telefaxkopie am 10.6.2014 bei dem LG Halle eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat die Beklagtenvertreterin sofortige Beschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss vom 5.5.2014 erhoben und gleichzeitig per Telefaxkopie Kontoauszüge nachgereicht. Aus diesen ergäbe sich die Bedürftigkeit des Beklagten.
Die zur Akte gereichten Telefaxkopien der Kontoauszüge sind nicht lesbar. Es dürfte sich um Auszüge eines Sparkassenkontos handeln. Im Übrigen sind auf den 16 Seiten Anlagen nur wenige vereinzelte Worte erkennbar.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 11.6.2014 nicht abgeholfen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es mangele - unabhängig von der fehlenden Lesbarkeit der Kontoauszüge - an Vortrag des Beklagten zu seiner Bedürftigkeit. Anlagen sollten nur den Vortrag stützen. Seine Bedürftigkeit habe der Beklagte nicht nachgewiesen.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg.
Das LG konnte im Rahmen des Nichtabhilfeverfahrens gem. § 572 ZPO wegen der fehlenden Lesbarkeit der zur Akte gereichten Telefaxkopien am 11.6.2014 nicht zuverlässig beurteilen, ob eine Abänderung der angegriffenen Entscheidung vom 5.5.2014 veranlasst ist. Der Beklagte war zur Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör vor einer Entscheidung über die Nichtabhilfe zunächst von der fehlenden Lesbarkeit der Telefaxkopien in Kenntnis zu setzen. Vorliegend war es nicht auszuschließen, dass die fehlende Lesbarkeit mit der gewählten Art der technischen Übermittlung per Telefax zusammenhing. Es kam insoweit zur Wahrung des Anspruchs des Beklagten auf rechtliches Gehör auch in Betracht, zunächst den Eingang des Schriftsatzes vom 10.6.2014 nebst Anlagen per Post abzuwarten, um festzustellen, ob darin die Anlagen ggf. lesbar sind. Der Schriftsatz war nach den Angaben auf Seite 1 nur "vorab per Fax" übersandt worden. Hätte sich - eine Lesbarkeit unterstellt - aus den Kopien der Kontoauszüge nämlich zuverlässig ergeben, dass der Beklagte seit Monaten über kein einzusetzendes Vermögen auf seinem Girokonto verfügte, hätten diese Angaben bei der Entscheidung über die Abhilfe Berücksichtigung finden müssen. Zwar trifft es zu, dass grundsätzlich Anlagen den Vortrag nur stützen und nicht ersetzen. Wenn es aber allein auf die Höhe eines Girokontostandes ankommt und dem Antragsteller, der in dem Formular "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" zum Kontostand zwar keine "0" eingetragen, aber einen Strich angebracht hatte, aufgegeben wird, die Belege der Kontobewegungen der letzten fünf Monate zur Akte zu reichen, darf der Antragsteller davon ausgehen, dass ausnahmsweise die Übersendung der Kopien der Kontoauszüge für diesen Zeitraum genügt. Einer ausdrücklichen weiteren Erklärung zur Höhe des Guthabens des Girokontos bedarf es dann jedenfalls nicht mehr, wenn sich aus den Auszügen unzweifelhaft bestätigt, dass kein einzusetzendes Vermögen vorhanden ist.
Fundstellen