Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen eines Schmerzensgeldanspruches aufgrund des Todes eines nahen Angehörigen.
Verfahrensgang
LG Dessau (Beschluss vom 22.10.2004; Aktenzeichen 4 O 1051/04) |
Tenor
Das Beschwerdeverfahren wird durch den Einzelrichter gem. § 568 S. 2 ZPO dem Senat zur Entscheidung übertragen.
Auf die sofortigen Beschwerden der Beklagten zu 1), 3) und 4) wird der Einzelrichterbeschluss der 4. Zivilkammer des LG Dessau vom 22.10.2004 geändert.
Den Beklagten zu 1), 3) und 4) wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sich ihre Rechtsverteidigung gegen den von der Klägerin aus eigenem Recht erhobenen Schmerzensgeldanspruch richtet.
Der Beklagten zu 1) wird insoweit Rechtsanwältin H., dem Beklagten zu 3) Rechtsanwältin B. und dem Beklagten zu 4) Rechtsanwalt K. zur Vertretung beigeordnet.
Im Übrigen werden die Prozesskostenhilfegesuche sowie die weiter gehenden sofortigen Beschwerden zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin macht aus eigenem und ererbtem Recht Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen eines Tötungsdelikts geltend.
Ihr zur Tatzeit 28 Jahre alter Sohn C. Sch. wurde am 23.12.2002 gegen 18.00 Uhr Opfer einer von den Beklagten sowie dem nicht am Rechtsstreit beteiligten M.J. durch unterschiedliche Tatbeiträge verübten Gewalttat, bei der er auf einem Spielplatz mit einem Baseballschläger und Springerstiefeln traktiert wurde und in dessen Folge er schwerste Schädelverletzungen davontrug. Trotz dieser Verletzungen gelang es ihm, sich zu Fuß bis zur etwa 1,2 Kilometer entfernten Wohnung seiner Mutter - der Klägerin - zu bewegen, worauf diese eine Aufnahme in das Städtische Klinikum D. veranlasste. Dort wurde ihr Sohn zunächst auf der Intensivstation behandelt und nach einer Stabilisierung seines Gesundheitszustandes am 24.12.2002 auf die Normalstation verlegt, wo er mit Ärzten und Besuchern noch Gespräche führen konnte. In der darauffolgenden Nacht trat eine plötzliche Hirnblutung ein, in deren Folge der Geschädigte gegen 02.00 Uhr das Bewusstsein verlor und in den Morgenstunden verstarb. Die Beklagten zu 1), 3) und 4) sind wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu Jugendstrafen zwischen 5 Jahren und 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden, die Beklagte zu 2) wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Der Geschädigte ist von der Klägerin sowie von seinem Vater, der alle in Betracht kommenden Ersatzansprüche an die Klägerin abgetreten hat, beerbt worden. Der an der Tat beteiligte M.J. hat sich außergerichtlich verpflichtet, als Gesamtschuldner einen Betrag von 30.000 EUR an die Klägerin zu zahlen.
Die Klägerin verlangt nunmehr den Ersatz aller Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Bestattung ihres Sohnes sowie der Auflösung seiner Wohnung entstanden sind. Wegen der Einzelheiten der auf insgesamt 7.569,20 EUR bezifferten Forderung wird auf die Angaben in der Klageschrift Bezug genommen. Darüber hinaus macht sie Schmerzensgeld in angemessener Höhe geltend, das sie aus ererbtem Recht auf mindestens 20.000 EUR und aus eigenem Recht auf mindestens 5.000 EUR beziffert. Ihr angekündigter Antrag unterscheidet dabei zwischen beiden Ansprüchen nicht. Die Klägerin behauptet, der Geschädigte habe bis zum Verlust des Bewusstseins unter starken Brechanfällen und Kopfschmerzen gelitten, die er bewusst wahrgenommen habe. Ihren eigenen Anspruch hat die Klägerin unter Berufung auf das Zeugnis ihres behandelnden Arztes damit begründet, dass sie dem Leiden ihres Sohnes, insb. den klaffenden Kopfverletzungen bis zum Eintreffen des Notarztes ohnmächtig ggü. gestanden habe und der hieraus resultierende Schockzustand gegenwärtig noch immer andauere. Bei der Erörterung des rechtsmedizinischen Gutachtens in der Hauptverhandlung etwa 8 Monate nach der Tat habe sie wegen der wiederkehrenden Erinnerungen den Sitzungssaal verlassen müssen. Die Beklagten erstreben mit unterschiedlicher Rechtsverteidigung die Abweisung der Klage. Den materiellen Schadenspositionen halten sie in erster Linie entgegen, diese seien nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe erforderlich gewesen. Im Übrigen habe dem Geschädigten angesichts seines alsbald nach der Tat eintretenden Todes aus Rechtsgründen kein Schmerzensgeld zugestanden. Die Klägerin selbst könne nach gefestigter Rechtsprechung ein Schmerzensgeld nur dann beanspruchen, wenn sie eine Gesundheitsbeeinträchtigung erlitten habe, die über diejenige hinausgehe, die üblicher Weise beim Tod eines nahen Angehörigen eintrete und die die Klägerin nicht dargelegt habe. Der Beklagte zu 3) hat darüber hinaus die Klageforderung ohne nähere Tilgungsbestimmung in Höhe eines Betrages von 5.000 EUR anerkannt.
Das LG hat der Klägerin in vollem Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt. Den Beklagten hat es die nachgesuchte Prozesskostenhilfe wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten ihrer beabsichtigten Rechtsverteidigung versagt. Zur Begründung hat es im ...