Leitsatz (amtlich)
Nach st. Rspr. des OLG Naumburg setzt ein schlüssiger Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht voraus, dass der Anspruch auf Unterhalt dem Grunde nach besteht, denn von den Einkünften des auskunftspflichtigen Anspruchsgegners ist nicht nur die Höhe, sondern auch das Bestehen der Unterhaltspflicht abhängig. Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn von vornherein zweifelsfrei feststeht, dass die begehrte Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beeinflussen kann.
Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Aktenzeichen 24 F 528/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG – FamG – Halle-Saalkreis vom 10.6.2002 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 26.7.2002 aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Gründe
1. Die Entscheidung richtet sich nach dem am 1.1.2002 in Kraft getretenen neuen Zivilprozessrecht, da die angefochtene Entscheidung – Versagung von Prozesskostenhilfe – weder vor dem 1.1.2002 verkündet noch vor diesem Zeitpunkt der Geschäftsstelle übergeben worden ist (§ 26 Nr. 10 EGZPO). Nach neuem Zivilprozessrecht ist gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe die – sofortige – Beschwerde statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO n.F.), über die der Senat als Kollegialgericht zu entscheiden hat, falls der originäre Einzelrichter die Entscheidung – wie hier – dem Kollegium übertragen hat (§ 568 ZPO n.F.).
2. Die – zulässige – sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, da die Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Stufenantrag, betreffend nachehelichen Unterhalt der Antragsgegnerin, abw. von der Auffassung des FamG nicht an der fehlenden Erfolgsaussicht des Stufenantrags (§ 114 ZPO) scheitert. Das FamG hat die Schlüssigkeit des Stufenantrags nämlich zu Unrecht verneint:
Nach st. Rspr. des OLG setzt ein schlüssiger Auskunftsanspruch (§ 1580 BGB; der Auskunftsanspruch entsteht bereits mit der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags; vgl. Palandt/Brudermüller, 61. Aufl., § 1580 BGB Rz. 1 m.w.N.) – grundsätzlich – nicht voraus, dass der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, dessen Feststellung er dient, dem Grunde nach besteht; denn von den Einkünften des auskunftspflichtigen Anspruchsgegners ist nicht nur die Höhe, sondern auch das Bestehen der Unterhaltspflicht abhängig. Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht – ausnahmsweise – nur dann nicht, wenn von vornherein zweifelsfrei feststeht, dass die begehrte Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beeinflussen kann (OLG Naumburg, Beschl. v. 11.2.98 – 3 WF 16/98; Urt. v. 31.7.97 – 3 UF 5/97, jew. m.w.N.).
Letzteres ist weder aus dem Vortrag der Parteien noch aus den sonstigen Umständen – zweifelsfrei – ersichtlich. Auch wenn die ehelichen Lebensverhältnisse durch die Tilgung von Verbindlichkeiten geprägt waren, lässt sich zurzeit nicht sicher feststellen, dass für die Antragsgegnerin – nach der Erteilung der begehrten Auskunft über das Einkommens des Antragstellers im Jahre 2001 – kein Unterhaltsbedarf verbleibt (§ 1569, § 1578 BGB). Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass sich die Antragsgegnerin ggf. auf ihren Unterhaltsbedarf fiktives Einkommen anrechnen lassen muss.
Das heißt, die vom FamG vorgenommene Vorverlagerung des (in zweiter Stufe anhängigen) Betragsverfahrens in das (in erster Stufe anhängige) Auskunftsverfahren ist unzulässig.
Dr. Friederici Bisping Hellriegel
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Fundstellen
Haufe-Index 1108899 |
www.judicialis.de 2002 |