Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge: Bestellung eines Verfahrenspflegers bei Verhinderung eines Elternteils an der Vertretung des Kindes
Leitsatz (amtlich)
Ist der beklagte Elternteil an der Vertretung gehindert (§ 1693 BGB), kommt kein teilweiser Entzug der elterlichen Sorge in Betracht sondern nur die Bestellung eines Verfahrenspflegers.
Für das Verfahren ist insoweit der Rechtspfleger des AG zuständig, der ggf. zu prüfen hat, ob auch eine Ergänzungspflegschaft erforderlich ist.
Normenkette
BGB §§ 1629, 1693, 1909
Verfahrensgang
AG Burg (Beschluss vom 02.05.2007; Aktenzeichen 5 F 645/06) |
Tenor
Auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Burg vom 2.5.2007 (Az.: 5 F 645/06) nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG - hier Rechtspfleger - zurückverwiesen.
Gerichtkosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die am 7.4.1990 geborene Antragstellerin ist das Kind des Antragsgegners, der das Sorgerecht nach dem Tod der Mutter inne hat. Sie wohnt seither mit weitestgehender Zustimmung des Antragsgegners im Haushalt der Familie W. und beansprucht im Verfahren 5 F 652/06 vor dem AG - FamG - Burg Kindesunterhalt und erstrebt im vorliegenden Verfahren letztlich die Bestellung eines Ergänzungspflegers, wogegen sich der Antragsgegner wendet.
Das AG hat, nachdem die mit der Sache befasste Rechtspflegerin die ursprünglich und immer noch begehrte Ergänzungspflegerbestellung als Verfahren betreffend den teilweisen Sorgerechtsentzug angesehen und das Verfahren seinen Fortgang vor dem Familienrichter gefunden hat, mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 87 f. d.A.) den teilweisen Sorgerechtsentzug für das Unterhaltsverfahren und die Beiordnung einer Ergänzungspflegschaft abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
Das zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin ist begründet. Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie des diesem zugrunde liegenden Verfahrens und zur Zurückweisung der Sache an das AG.
Vorliegend ist der Antragsgegner im Rahmen des von der Antragstellerin anhängig gemachten Unterhaltsverfahrens verhindert, die elterliche Sorge auszuüben (§ 1693 BGB).
Da der Antragsgegner der Gegner des von der Antragstellerin gerichtlich geltend gemachten Unterhaltsanspruchs gem. §§ 1601 ff. BGB ist, stünde er - einerseits als Beklagter und andererseits als gesetzlicher Vertreter des klagenden Kindes - auf beiden Seiten des Rechtsstreits. Diese Situation ist mit der eines entsprechenden Rechtsgeschäfts (vgl. § 1629 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB) vergleichbar. Dieser offenkundige Interessenkonflikt schließt bereits von Gesetzes wegen die Vertretungsbefugnis des Antragsgegners aus (BGH NJW 1996, 658). Zur Behebung des Mangels der gesetzlichen Vertretung im Unterhaltsprozess als Prozessvoraussetzung gem. § 51 Abs. 1 ZPO bedarf es deshalb der Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Entgegen der Auffassung des AG kommt vorliegend jedoch kein partielles Sorgerechtsentziehungsverfahren sondern nur ein sich nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB richtendes Verfahren zur Bestellung eines Ergänzungspflegers in Betracht, für das nach § 3 Nr. 2a RpflG originär der Rechtspfleger des AG zuständig ist.
Es wäre sodann unter Verweis auf den ursprünglichen zutreffenden Antrag vom 13.11.2006 (Bl. 1 d.A.) bei entsprechender Antragstellung erneut zu prüfen, ob vorliegend auch ein Bedürfnis für die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft besteht.
Nach dem bisherigen Vorbringen ist hier zu prüfen, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Unterhaltsklage der Antragstellerin völlig aussichtslos oder gar mutwillig erhoben ist. Nur dann scheidet die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft aus.
Nach dem bisher geführten Verfahren ist streitig, welche rechtliche Konsequenz sich daraus ergibt, dass der Antragsgegner, der seit dem Wohnsitzwechsel und der wirksamen Inverzugsetzung im Grundsatz zum Barunterhalt verpflichtet ist, nunmehr der Antragstellerin die Rückkehr in seinen Haushalt angeboten hat. Damit könnte er das ihm als Inhaber des alleinigen Sorgerechts grundsätzlich auch allein zustehende Unterhaltsbestimmungsrecht wirksam mit der Folge ausgeübt haben, dass der Anspruch auf Bar-unterhalt entfiele (BGH NJW 1983, 2198; 1985, 1339). Andererseits hat der Antragsgegner den Wechsel der Antragstellerin in den Haushalt der Familie W. hingenommen, im Besonderen auch auf eine weitere Durchsetzung seines Aufenthaltsbestimmungsrechts gem. § 1632 Abs. 1 BGB, sofern dies auf Grund des Alters der Antragstellerin noch durchsetzbar erscheinen würde, abgesehen. Ob sich dann ferner im Rahmen des gegenwärtigen Aufenthalts der Antragstellerin neben der Halbwaisenrente und dem Kindergeld nach den sonstigen Leistungen des Antragsgegners noch ein Barbedarf ergibt, bedarf gegebenenfalls i...