Leitsatz (amtlich)

Zur Entscheidung über die Kosten des Abstammungsverfahrens, wenn sich die behauptete Vaterschaft im Ergebnis nicht feststellen lässt.

 

Verfahrensgang

AG Halberstadt (Beschluss vom 19.06.2017; Aktenzeichen 8 F 703/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des Amtsgerichts

- Familiengericht - Halberstadt vom 19. Juni 2017 abgeändert:

Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Beteiligten zu 2 und 3 jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf einen Wert der Gebührenstufe bis zu 900,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand der Beschwerde ist die Kostenentscheidung in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren. Der minderjährige Antragsteller, vertreten durch das Jugendamt als Beistand, beantragte die Feststellung, dass der Beteiligte zu 3 sein Vater ist. Die Mutter habe während der gesetzlichen Empfängniszeit mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr gehabt, u. a. mit ihm. Die anderen in Frage kommenden Männer seien jedoch durch Abstammungsgutachten ausgeschlossen.

Die Kindesmutter erklärte in ihrer wegen ihrer Beteiligtenstellung aus § 172 Abs. 1 Nr. 2

FamFG verfahrensfehlerhaften Vernehmung als Zeugin (OLG Saarbrücken, FamRZ 2015, 899; Fröschle, Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, 3. Aufl., § 7, Rn. 20), dass außer dem Beteiligten zu 3 kein anderer als Vater in Betracht käme. Der Beteiligte zu 3 erkläre bei seiner Anhörung, dass er möglicherweise der Vater sei, da er mit der Mutter ein intimes Verhältnis in der Empfängniszeit gehabt habe. Ihm sei aber bekannt, dass die Mutter in dieser Zeit auch mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt habe.

Das eingeholte Abstammungsgutachten schloss den Beteiligten zu 3 als Vater aus. Der Antragsteller nahm daraufhin den Antrag auf Vaterschaftsfeststellung zurück.

Mit dem angefochtenen Beschluss wurden die Kosten des Verfahrens der Kindesmutter auferlegt. Der Beschluss wurde ihr am 22. Juni 2017 zugestellt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter vom 10. Juli 2017, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag.

II. Das Rechtsmittel der Kindesmutter gegen die Kostenentscheidung vom 19.06.2017 ist als Beschwerde (§§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 FamFG) zulässig und in der Sache begründet.

Da die Spezialregelung des § 183 FamFG bei Anträgen auf Feststellung der Vaterschaft nach § 169 Nr. 1 FamFG nicht eingreift, richtet sich die Kostenentscheidung nach § 81

FamFG (vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2014, XII ZB 15/13, - juris). Dies gilt auch im hier vorliegenden Fall der Antragsrücknahme (OLG Frankfurt, AGS 2015, 303; OLG Oldenburg, FamRZ 2013, 971). Nach § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen.

§ 81 Abs. 1 S. 1 und 2 FamFG räumt dem Gericht einen weiten Gestaltungsspielraum dahingehend ein, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Das Gericht kann beispielsweise die Kosten ganz oder teilweise zwischen den Beteiligten aufteilen, die Kosten gegeneinander aufheben oder die Kostenregelung getrennt in Bezug auf die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten vornehmen. Die Vorschrift erlaubt es auch, nur bestimmte Kosten einem der Beteiligten aufzuerlegen oder von der Erhebung der Kosten ganz oder teilweise abzusehen (§ 81 Abs. 1 S. 2 FamFG). Dieses weite Ermessen des Gerichts bei der Entscheidung der Gerichtskosten erfährt nur eine Einschränkung in Absatz 2 der Vorschrift, wonach in den dort genannten Fällen die Verfahrenskosten einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegt werden sollen. Das Gericht hat in jedem konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblicher Umstände die Kostenentscheidung zu treffen (BGH, a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben kann die vom Familiengericht getroffene Kostenentscheidung keinen Bestand haben.

Nach allgemeiner Meinung findet eine Überprüfung der im Ermessen des Gerichts stehenden Kostenentscheidung nur dahingehend statt, ob die Ermessensausübung fehlerhaft war (Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl., § 81, Rn. 81a). Hier ist aber jedenfalls eine Ermessensausübung aus der angefochtenen Entscheidung, die nur den Gesetzestext wiedergibt, aber keinerlei Begründung enthält, nicht ersichtlich.

Ein Regelfall nach § 81 Abs. 2 FamFG greift entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht ein.

Allein der Umstand, dass die Kindesmutter in ihrer verfahrensfehlerhaften Zeugenvernehmung nach Ausschluss von zwei potentiellen Vätern den Beteiligten zu 3 als möglichen Vater benannt und Geschlechtsverkehr mit weiteren Männern ausgeschlossen hat, stellt kein grobes Verschulden ihrerseits dar, da dieser bei seiner Anhörung bestätigt hat, dass er während der Empfängniszeit mit der Kindesmutter Geschlechtsverkehr hatte und deshalb als Vater d...

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