Normenkette
BauGB § 45; BGB §§ 877, 1105; ErbbauV § 9
Tenor
Der Beschluss des Grundbuchamtes S. vom 3. November 2020 wird aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag vom 30. Oktober 2020 nicht deshalb zurückzuweisen, weil die Beteiligten nicht die Zustimmung der Umlegungsstelle gemäß § 51 BauGB vorgelegt haben.
Gründe
I. Der evangelische Kirchenkreis S. in S. ist Eigentümer des im Grundbuch von S., Blatt ... 7, laufende Nr. 1 verzeichneten Grundstücks der Flur ..., Flurstück ... zur Größe von 2.400 m2. Für dieses Grundstück ist ein Erbbaurecht bestellt, welches im verfahrensgegenständlichen Erbbaugrundbuch von S., Blatt ... 8, verzeichnet ist. Erbbauberechtigte waren zunächst die Beteiligten zu 2. und 4.; seit dem 3. November 2020 ist die Beteiligte zu 4. als alleinige Erbbauberechtigte eingetragen. In Abteilung II, lfd. Nr. 1, ist aufgrund notarieller Vereinbarung vom 9. November 2016 seit dem 13. März 2017 eine Reallast für einen jährlichen Erbbauzins i. H. v. 2.150 EUR mit Wertsicherungsklausel zugunsten des jeweiligen Grundstückseigentümers eingetragen.
Durch die Hansestadt S. wurde mit Beschluss vom 7. Dezember 2015 eine Umlegung nach den §§ 45 bis 79 BauGB angeordnet und das Landesamt für Vermessung und Geoinformation zur zuständigen Umlegungsstelle (folgend: Umlegungsstelle) bestimmt. Mit Umlegungsbeschluss vom 20. September 2019, der im Amtsblatt für den Landkreis S. am 9. Oktober 2019 bekannt gemacht wurde, leitete die Umlegungsstelle das Umlegungsverfahren ein.
Unter lfd. Nr. 3 in Abteilung II befindet sich aufgrund entsprechenden Eintragungsersuchens vom 23. Oktober 2019, eingegangen beim Grundbuchamt am 29. Oktober 2019, folgende Eintragung:
"Ein Umlegungsverfahren wird durchgeführt. Verfügungs- und Veränderungssperre nach § 51 Baugesetzbuch. Eingetragen am 22.11.2019."
Zugunsten des Beteiligten zu 2. ist in lfd. Nr. 4 der Abteilung II seit dem 3. November 2020 ein Wohnrecht eingetragen.
Mit Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 9. Juli 2020 zu dessen UR.Nr. .../2020 übertrug die Beteiligte zu 4. an die Beteiligten zu 1. und 3. das Eigentum am Erbbaurecht. Die Beteiligten bewilligten und beantragten die Eintragung der Änderung der Erbbauberechtigten im Grundbuch. Des Weiteren einigten sie sich unter § 7 Abs. 3 der notariellen Urkunde über eine Erhöhung des Erbbauzinses um 70,52 EUR für den jeweiligen Eigentümer. Hierzu heißt es:
"Die Erbbauberechtigten bestellen hiermit für den Differenzbetrag zwischen dem bisher im Grundbuch eingetragenen Erbbauzins und dem nunmehrigen Erbbauzins also für den Betrag von 70,52 EUR für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks eine Reallast, wobei der Erhöhungsbetrag ab dem auf die Eintragung der Reallast folgenden Monatsersten dinglich gesichert ist.... Die Erbbauberechtigten bewilligen und beantragen die Eintragung dieser Reallast in das Grundbuch im Gleichrang mit der Erbbauzinsreallast. Der Grundstückseigentümer wird dieser Änderung zustimmen und sich dem Antrag anschließen."
Der verfahrensbevollmächtigte Notar hat die Eintragung der Rechtsänderungen, insbesondere der Erhöhung des Erbbauzinses gemäß § 7 Abs. 3 des Vertrages, am 30. Oktober 2020, eingegangen beim Grundbuchamt des Amtsgerichts S. am 2. November 2020, unter Vorlage der kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung sowie der Genehmigung der Umlegungsstelle für die Übertragung des Erbbaurechts beantragt.
Mit Zwischenverfügung vom 3. November 2020 hat das Grundbuchamt die Beteiligten unter Fristsetzung von einem Monat aufgefordert, zum Vollzug der Eintragung der Erhöhung der Erbbauzinsreallast die noch fehlende Zustimmung der Umlegungsstelle gemäß § 51 BauGB vorzulegen. Die eingereichte Genehmigung für die Übertragung des Erbbaurechts reiche hierfür nicht aus.
Hiergegen hat der verfahrensbevollmächtigte Notar am 9. November 2020, eingegangen beim Grundbuchamt am 12. November 2020, Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Erhöhung des Erbbauzinses bedürfe keiner erneuten Genehmigung. Insoweit sei die Regelung des § 144 Abs. 4 Ziff. 3 i. V. m. § 169 BauGB analog anzuwenden, weil sowohl das Erbbaurecht als auch die Erbbauzinsreallast vor der Anordnung des Umlegungsverfahrens eingetragen worden sei. Die Erhöhungsverpflichtung sei in Abteilung II lfd. Nr. 1 des Grundbuchs bereits verdinglicht. Insoweit werde die Genehmigung fingiert.
Nachfolgend hat das Grundbuchamt vertiefend die Ansicht vertreten, die Erfüllung des Wertsicherungsanspruchs erfolge durch Eintragung einer neuen Erbbauzinsreallast. Infolge der eingetretenen Verfügungs- und Veränderungssperre gemäß § 51 BauGB müsse nunmehr die Umlegungsbehörde der Erhöhung zustimmen. § 144 Abs. 4 Ziff. 3 BauGB könne nicht analog angewendet werden.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Dezember 2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Ergänzend zur bisherigen Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei der Eintragung der erweiterten Erbbauzinsreallast um eine ...