Leitsatz (amtlich)

1. Solange eine Auskunft über den Bestand des Nachlasses nicht den Formalanforderungen des § 260 Abs. 1 BGB entspricht, liegt keine Erfüllung vor. Der Berechtigte kann dann allenfalls Ergänzung der Auskunftserteilung im Wege der Zwangsvollstreckung beanspruchen.

2. Der Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 260 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass ein objektiver und konkreter Verdachtsmoment besteht, dass eine in formaler Hinsicht vollständige Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden ist. Dabei begründet die Feststellung, das Verzeichnis sei in einzelnen Punkten unvollständig und unrichtig nicht schon ohne weiteres die Annahme mangelnder Sorgfalt.

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Urteil vom 16.07.2010; Aktenzeichen 2 O 367/07)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die von der Klägerin für ihre Prozessführung in zweiter Instanz beantragte Prozesskostenhilfe ist nach §§ 114, 115, 119 Abs. 1 S. 1 ZPO zu versagen gewesen, da das von ihr beabsichtigte Rechtsmittel gegen das am 16.7.2010 verkündete Teilurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Gemäß § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO erfolgt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug gesondert.

Die sachliche Bewilligungsvoraussetzung des § 114 ZPO, nämlich die Erfolgsaussicht des in Aussicht genommenen Rechtsmittels, liegt hier indessen nicht vor. Im Ergebnis der nach § 114 ZPO gebotenen summarischen Prüfung der bisherigen Sach- und Rechtslage hat der Senat vielmehr die Überzeugung gewonnen, dass die beabsichtigte Berufung der Klägerin gegen das 16.7.2010 verkündete Teilurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau in der Sache nicht gerechtfertigt ist.

Das LG hat einen materiellen Anspruch der Klägerin auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung aus § 260 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB vielmehr zu Recht verneint. Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Die Voraussetzungen für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit und Vollständigkeit und Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses, so wie es die Klägerin auf der zweiten Stufe ihrer Stufenklage (§ 254 ZPO) fordert, liegen nicht vor.

1. Gemäß § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Erbe den Pflichtteilsberechtigten Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen. Die Auskunft ist gem. § 260 Abs. 1 BGB durch Vorlage eines schriftlichen Bestands- und Vermögensverzeichnisses über alle Aktiv- und Passivwerte zu erteilen, das den Stand des hinterlassenen Vermögens zum Todeszeitpunkt dokumentiert. Es muss - bezogen auf den Todeszeitpunkt - eine geordnete und nachprüfbare Zusammenstellung der dem Nachlass zugehörigen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des Auskunftspflichtigen enthalten, die dem Pflichtteilsberechtigten als Grundlage für die Berechnung des Nachlasses dienen kann (vgl. BGHZ 89, 137 - 149 zitiert nach juris; Lange in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 2314 BGB Rz. 24; Edenhofer in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 2314 BGB Rz. 6 m.w.N.). Besteht Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete - ausgenommen in Angelegenheiten von geringer Bedeutung (§§ 260 Abs. 3, 259 Abs. 3 BGB) - auf Verlangen an Eides Statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen und Gewissen den Bestand des Nachlasses so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei (§ 260 Abs. 2 BGB).

Der Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung setzt nach § 260 Abs. 2 BGB mithin voraus, dass ein - erst nach Vorlage des Bestandsverzeichnisses zu beurteilender - objektiver und konkreter Verdachtsmoment besteht, dass eine in formaler Hinsicht vollständige Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden ist.

Die Feststellung, das Vermögensverzeichnis sei in einzelnen Punkten unvollständig oder unrichtig, ist für sich betrachtet weder erforderlich noch ausreichend, um die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu begründen. Maßgeblich ist allein, ob hinreichende Anhaltspunkte für eine Sorgfaltswidrigkeit bei der Erstellung des Verzeichnisses vorliegen. Ein solcher Verdacht kann begründet sein, auch wenn inhaltliche Mängel des Verzeichnisses nicht festgestellt sind. Andererseits begründet die Feststellung, das Verzeichnis sei in einzelnen Punkten unvollständig und unrichtig, nicht schon ohne weiter...

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