Normenkette
VAÜG § 2; ZPO § 628
Verfahrensgang
AG Quedlinburg (Aktenzeichen 4 F 216/96) |
Tenor
1. Auf die befristete Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG -FamG- Quedlinburg vom 31.8.2000 – 4 F 216/96, aufgehoben und das Verfahren zum Versorgungsausgleich ausgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.
3. Der Streit- und Beschwerdewert für das Verfahren wird auf 1.000 DM festgesetzt.
Gründe
I. Durch Verbundurteil vom 17.6.1999 (Bl. 85–87 d.A.) hat das AG Quedlinburg die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich abgetrennt.
Durch Beschluss des AG vom 31.8.2000 (Bl. 85–88 UA-VA) wurde unter Zugrundelegung einer seinerzeit von der Ehefrau (Antragstellerin) bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente der Versorgungsausgleich gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG durchgeführt und angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 7,42 DM im Wege des Renten-Splittings auf die Ehefrau übertragen.
Gegen diese Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich, in formeller Hinsicht bedenkenfrei, die Beschwerde der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (Bd. II Bl. 2–4 d.A.). Zur Begründung trägt sie vor, die Erwerbsunfähigkeitsrente der Ehefrau sei – was unstreitig ist – zum 1.9.2000 weggefallen. Deshalb sei das Verfahren auszusetzen.
II. Die gem. den §§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 621e Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte befristete Beschwerde der gem. § 20 Abs. 1 FGG beschwerdeberechtigten Versicherungsanstalt hat in der Sache Erfolg und führt gem. § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG zur Aussetzung des Verfahrens über den Versorgungsausgleich.
Falls ein Ehegatte, wie hier beide Parteien, in der Ehezeit angleichungsdynamische Anrechte gem. § 1 Abs. 1 und 2 VAÜG erworben hat, findet der Versorgungsausgleich vor der – bis dato nicht eingetretenen – Einkommensangleichung gem. § 1 Abs. 4 VAÜG nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VAÜG (1.) oder § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAÜG (2.) statt. Kommen, wie im vorliegenden Fall, beide Alternativen nicht in Betracht, ist der Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG auszusetzen (3.).
1. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VAÜG ist der Versorgungsausgleich vor der Einkommensangleichung nur durchzuführen, wenn die Ehegatten zum einen, was hier zu bejahen ist, keine angleichungsdynamischen Anrechte minderer Art erworben haben und zum anderen, was hier beides zu verneinen ist, entweder a) nur angleichungsdynamische Anrechte zu berücksichtigen sind oder b) sowohl angleichungsdynamische Anrechte als auch nichtangleichungsdynamische Anrechte zu berücksichtigen sind und – darauf kommt es entscheidend an – die jeweils werthöheren Anwartschaften demselben Ehegatten zustehen.
Ersteres, d.h. die Alternative des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a) VAÜG, scheidet aus, weil nicht nur angleichungsdynamische Anrechte beider Ehegatten zu berücksichtigen sind. Denn außer den angleichungsdynamischen Anwartschaften beider Ehegatten gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG i.V.m. 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB sind noch dynamische, aber gleichwohl i.S.d. Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes nichtangleichungsdynamische Anrechte des Ehemannes gem. § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB i.H.v. 56,79 DM zu berücksichtigen. Als nichtangleichungsdynamische Anrechte haben bei Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 VAÜG im Wege des Umkehrschlusses alle Anrechte zu gelten, die weder angleichungsdynamische Anrechte i.S.d. § 1 Abs. 2 VAÜG noch angleichungsdynamische Anrechte minderer Art i.S.d. § 1 Abs. 3 VAÜG sind. Genau dies trifft auf die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften des Ehemannes gem. § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB zu, da sie nicht, wie für die Annahme eines angleichungsdynamischen Anrechtes wie auch angleichungsdynamischen Anrechtes minderer Art gleichermaßen nach dem Gesetz erforderlich, im Beitrittsgebiet entstanden sind.
Die Alternative des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b) VAÜG kommt deswegen nicht in Betracht, weil der Ehegatte mit den werthöheren angleichungsdynamischen Anrechten nicht zugleich auch, wie für die Durchführung des Versorgungsausgleichs kraft Gesetzes unerlässlich, die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anrechte erworben hat. Die Ehefrau hat hier die werthöheren angleichungsdynamischen Anrechte (272,56 DM im Vergleich zu 232,90 DM), während dem Ehemann, der allein über derartige Anrechte verfügt, die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anrechte zustehen.
2. Der Versorgungsausgleich hätte folglich nur dann noch gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAÜG durchgeführt werden können, wenn aus einem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht auf Grund des Versorgungsausgleichs bereits Leistungen zu erbringen oder zu kürzen wären. Das ist nicht bzw. nicht mehr der Fall.
Zwar hat die – nach der Entscheidung des AG ausgleichsberechtigte – Ehefrau bis Ende August 2000 eine Erwerbsunfähigkeitsrente von der Landesversicherungsanstalt bezogen, die...