Leitsatz (amtlich)
Für Gutachten im Bestellungsgebiet "Leistungen und Honorare von Architekten" ist es nicht selten erforderlich, dass der Sachverständige in Einzelfragen rechtliche Bewertungen abgibt. Dies begründet keine Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt umso mehr, wenn der Sachverständige vorab ausgeführt hat, dass er seine Bewertungen und Feststellungen ausschließlich aus fachlicher Sicht vornehmen werde, um dem Gericht nach Aufbereitung aller fachlichen Aspekte die Grundlagen für dessen abschließende rechtliche Beurteilung zu liefern.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Entscheidung vom 04.06.2012; Aktenzeichen 9 O 1375/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 04. Juni 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 60.329 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs.
Der Kläger ist Architekt. Er nimmt die Beklagte in dem Ausgangsverfahren vor dem Landgericht Magdeburg auf Zahlung von Architektenhonorar für Planungsleistungen in Anspruch. Durch Beweisbeschluss vom 25.11.2010 hat das Landgericht den Sachverständigen Dipl.-Ing. M. K. mit der Prüfung der Behauptung des Klägers beauftragt, er habe die in Rede stehende Planungsleistung "ordnungsgemäß abgerechnet", sowie gegenbeweislich mit der Prüfung der Behauptung des Beklagten, der Kläger habe unzulässigerweise eine doppelte Vergütung abgerechnet. Hierzu hat der Sachverständige unter dem 08.06.2011 ein schriftliches Gutachten vorgelegt, in welchem er zu dem Ergebnis kommt, es liege keine ordnungsgemäße Abrechnung vor, da der Kläger bei der Abrechnung mehrfach gegen Vorschriften der HOAI verstoßen habe, Teile der abgerechneten Leistungen nicht erbracht worden seien und die anrechenbaren Kosten nicht prüfbar seien.
Das Gutachten enthält auf Seite 8 vor der Beantwortung der Beweisfrage unter "Vorbemerkung zu Rechtsfragen" folgende Ausführungen:
"Da es in diesem Gutachten u. a. um die Feststellung eines vereinbarten Sollzustandes geht, ist die Behandlung von Rechtsfragen durch den Sachverständigen unumgänglich. Dies ist charakteristisch für Gutachten im Bestellungsgebiet "Leistungen und Honorare von Architekten". Der Unterzeichner weist darauf hin, dass Feststellungen und Bewertungen ausschließlich aus fachlicher Sicht vorgenommen werden. Damit erhält das Gericht eine Aufbereitung aller fachlichen Aspekte, auf denen es seine Entscheidung aufbauen kann. Eine abschließende rechtliche Beurteilung bleibt ausschließlich dem Landgericht Magdeburg vorbehalten".
Nachdem der Kläger sachliche Einwände gegen das Gutachten erhoben hatte und weitere Unterlagen in den Prozess eingeführt hatte, hat das Landgericht dem Sachverständigen durch Beschluss vom 09.03.2012 um Ergänzung seines Gutachtens zu der Frage gebeten, "ob die in Anlage K 78 enthaltenen Kostenunterlagen - ohne Berücksichtigung der im Prozess eingereichten Planungsunterlagen - an den gutachterlichen Feststellungen etwas ändern". Dieser Aufgabe ist der Sachverständige durch sein Ergänzungsgutachten vom 04.04.2012 nachgekommen. Dort hat er auf Seite 7 unter "Sachverhalt" ausgeführt: "Der Beklagte hat den Kläger im Jahr 2007 mit Architektenleistungen für mehrere Bauabschnitte der Sanierung des "Fachklinikums U." beauftragt. Ein schriftlicher Architektenvertrag wurde nicht geschlossen. Der Kläger hat Leistungen für die Häuser 37/139 erbracht. Er stellt Honorarschlussrechnung für Architektenleistungen für ein Gebäude, für einen Tunnel und für Leistungen bei der Technischen Gebäudeausrüstung. Der Beklagte bemängelt die Leistungen des Klägers und bezweifelt die Richtigkeit der Honorarschlussrechnungen".
Innerhalb der ihm bis zum 11.05.2012 eingeräumten Stellungnahmefrist zu dem Ergänzungsgutachten hat der Kläger am 09.05.2012 ein Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen angebracht. Er hat ausgeführt, das (Ergänzungs-)Gutachten enthalte in erheblichem Umfang rechtliche Wertungen und Schlussfolgerungen. So sei ihm unter "Sachverhalt" eine Darstellung des aus Sicht des Sachverständigen maßgeblichen und richtigen Tatbestandes vorangestellt, womit dieser bereits eine rechtliche Wertung vornehme, da er den Parteivortrag zusammenfasse und allein in diesem so von ihm bestimmten Inhalt zur Grundlage seines Gutachtens mache. Im Weiteren führe der Sachverständige zu den seiner Meinung nach maßgeblichen rechtlichen Grundlagen aus, definiere Begriffe wie "Kostenermittlung" und "Kostenplanung" und zeige auf, welche DIN-Norm bei einer Abrechnung nach HOAI zur Anwendung gelange, womit er recht-liche Wertungen vornehme. Auch soweit er ausführe, dass ihm nur eine nach DIN 276 nicht bzw. nur für einzelne Kostengruppen prüfbare Kostenberechnung als Grundlage für die Kostenermittlung vorliege, sei dies eine rechtliche Wertung. Gleiches gelte, soweit der Sachverständige mit sei...