Leitsatz (amtlich)
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die "eigene" Ermittlungstätigkeit eines Sachverständigen für sich genommen noch nicht die Besorgnis der Befangenheit begründet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Sachverständige in seinem Gutachten alle herangezogenen Quellen und die dabei gewonnenen Informationen offen legt.
Dass der Sachverständigen es unterlassen hat, vor der Durchführung solcher Ermittlungen mit dem Gericht Kontakt aufzunehmen, um das weitere Vorgehen zu besprechen, ist zwar verfahrensfehlerhaft. Ein verfahrensfehlerhaftes Vorgehen allein begründet aber weder bei Richtern noch bei Sachverständigen die Besorgnis der Befangenheit.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 18.01.2010; Aktenzeichen 9 O 2606/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 28.1.2010 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 18.1.2010 (Az. 9 O 2606/06) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 2.101,80 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die nach § 406 Abs. 5, 2. HS ZPO i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete sofortige Beschwerde der Beklagten vom 28.1.2010 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 18.1.2010 hat in der Sache keinen Erfolg. Es besteht kein Ablehnungsgrund. Insbesondere ist der Ablehnungsgrund der Besorgnis der Befangenheit (§§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 1, 2. Fall ZPO) nicht gegeben. Tatsachen, die ein subjektives Misstrauen der Beklagten ggü. der Unparteilichkeit des Sachverständigen Prof. H. vernünftigerweise rechtfertigen könnten, sind nicht dargetan. Das Beschwerdegericht folgt den zutreffenden Erwägungen des LG im angefochtenen Beschluss sowie im Nichtabhilfebeschluss vom 8.2.2010. Folgendes sei hinzugefügt:
Die Besorgnis der Befangenheit begründende Umstände sieht die Beklagte darin, dass der Sachverständige ohne eine ausdrückliche gerichtliche Ermächtigung eine "eigene" Sachverhaltsermittlung durch Kontaktierung des Geschäftsführers der Firma D., Herrn W. D., durch Telefonate und Schriftverkehr mit dem zuständigen Bezirksschornsteinfegermeister B. sowie durch Kontaktaufnahme mit einer A. GmbH & Co. KG betrieben habe. Dies sei ohne Rücksprache mit ihr geschehen. Die dabei ermittelten Tatsachen seien teils unrichtig, teils ziehe der Sachverständige aus ihnen unrichtige Schlüsse.
Es entspricht ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, von der abzuweichen kein Anlass besteht, dass die "eigene" Ermittlungstätigkeit eines Sachverständigen - für sich genommen - aus der maßgeblichen Warte einer besonnen und vernünftig denkenden Partei noch nicht die Besorgnis der Befangenheit begründet (OLG Stuttgart NZV 1996, 323; OLG Zweibrücken OLGReport Zweibrücken 2001, 119; Zöller/Greger, 28. Aufl., § 406 ZPO Rz. 9). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Sachverständige in seinem Gutachten alle herangezogenen Quellen und die dabei gewonnenen Informationen offenlegt, was der Sachverständige Prof. H. sowohl in seinem Gutachten vom 6.10.2008 wie auch in dem Ergänzungsgutachten vom 16.10.2009 getan hat (vgl. in diesem Zusammenhang: OLG Frankfurt OLGReport Frankfurt 1997, 306 für den Fall von ohne gerichtliche Ermächtigung direkt bei einer Partei angeforderte Unterlagen). Hinzu kommt, dass der Sachverständige mit Schreiben vom 17.4.2008 (Bl. 161 I) dem Gericht mitgeteilt hatte, "dass die Firma D., Heizung, Sanitär, technische Kundendienste GmbH in M. bereits an den streitbefangenen Strahlern im Auftrag der A. GmbH Sch. tätig geworden" sei. Er habe daher "in der Annahme, bei der Firma D. eine technische Dokumentation zu erhalten,... diese Firma besucht." Auch dieses auf Transparenz des Vorgehens des Sachverständigen ausgerichtete Schreiben, das den Parteien mit gerichtlicher Verfügung vom 21.4.2008 bekannt gemacht worden war, verdeutlicht, dass die "Ermittlungstätigkeit" des Sachverständigen - aus der maßgeblichen Sicht einer besonnenen Partei - nicht den tendenziösen Einschlag hatte, den die Beklagte hier zu erkennen glaubt. Dass es seitens des Sachverständigen vor der Durchführung solcherart "Ermittlungen" angezeigt gewesen wäre, mit dem Gericht Kontakt aufzunehmen, um das weitere Vorgehen - gerichtlicherseits nach Rücksprache mit den Parteien - abzustimmen, ist zwar zutreffend, verhilft der Beschwerde aber für sich genommen noch nicht zum Erfolg. Hier schlägt der das Richter- und Sachverständigenablehnungsrecht prägende Grundsatz durch, wonach ein verfahrensfehlerhaftes Vorgehen nicht per se die Besorgnis der Befangenheit begründet.
Ob die vom Sachverständigen aufgrund seiner "eigenen Ermittlungen" seinen gutachterlichen Bewertungen zugrunde gelegten Tatsachen richtig oder unrichtig sind oder er aus diesen Tatsachen nachvollziehbare Schlüsse gezogen hat, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Gutachtens. Ihre Auffassung, wonach...