Leitsatz (amtlich)

Endet die gewillkürte Prozessstandschaft während des laufenden Prozesses, kann der Rechtsinhaber nach den Regeln über den Parteiwechsel in den Prozess eintreten. Für den umgekehrten Fall, dass die Prozessstandschaft erst während des Prozesses begründet wird, kann nichts anderes gelten. Auch in diesem Fall kann der Prozessstandschafter nach den Regeln über den Parteiwechsel in den Prozess eintreten.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Aktenzeichen 6 O 1504/01)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin zu 2) wird die Kostenentscheidung im Versäumnisurteil des LG Dessau vom 11.2.2002 abgeändert:

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Beschwerdewert beträgt 1.000 Euro.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

I. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde folgt aus § 269 Abs. 5 S. 1 ZPO. Ob diese Vorschrift auf den vorliegenden Fall direkt anzuwenden ist, kann dahinstehen, weil jedenfalls eine analoge Anwendung gerechtfertigt ist. Der Mahnbescheid wurde zugunsten beider Kläger (Antragsteller) erlassen. Rechtshängigkeit trat mit der Zustellung des Mahnbescheides an die (richtige) Beklagte am 20.10.2001 ein (Bl. 33). Die Erklärung der Beklagten zu 2), die mit Schriftsatz vom 7.1.2002 zur Gerichtsakte gereicht wurde (Bl. 40/41), ist als Begründung eines gewillkürten Prozessstandschaftsverhältnisses zu werten. In der Rechtsprechung entschieden ist – soweit ersichtlich – nur der umgekehrte Fall, dass die gewillkürte Prozessstandschaft während des Prozesses endet. In diesem Fall kann der Rechtsinhaber nach den Regeln über den Parteiwechsel in den Prozess eintreten (BGH v. 7.7.1993 – IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132 [136] = MDR 1993, 1009). Der vorliegende Fall, dass der Rechtsinhaber infolge der begründeten gewillkürten Prozessstandschaft aus dem Prozess ausscheidet, ist nicht anders zu beurteilen. Bei einem zulässigen Parteiwechsel auf Klägerseite scheidet der bisherige Kläger aus, der neue tritt an seine Stelle. Gegen den ausscheidenden Kläger ist auf Antrag ein Beschluss gem. § 269 Abs. 4 ZPO zu erlassen (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 269 Rz. 31). Geschieht dies nicht, so erfolgt die Kostenentscheidung im Endurteil, da mangels Entscheidung über diesen Punkt der Rechtsstreit bezüglich der Kosten trotz des Parteiwechsels rechtshängig geblieben ist (OLG Hamm JB 1975, 1503). In diesem Fall verbleibt aber die Frage, ob dem ausgeschiedenen Kläger gegen einen solchen Beschluss ein Rechtsmittel zusteht. § 269 Abs. 5 ZPO setzt grundsätzlich einen Beschluss gem. § 269 Abs. 3 ZPO voraus. Die Kostenentscheidung in einem Urteil kann isoliert i.d.R. nicht angefochten werden (§ 99 Abs. 1 ZPO). Zwar ist diese Vorschrift auf das Versäumnisurteil nicht anwendbar, weil der Einspruch auf den Kostenpunkt beschränkt werden kann (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 99 Rz. 3). Der Einspruch steht aber nur der säumigen Partei zu, nicht aber dem Gegner (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 338 Rz. 4). Wird durch Urteil entschieden, wo Beschlussform vorgesehen ist, gibt es sowohl die Berufung als auch die Beschwerde (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., Vor § 511 Rz. 30 m.w.N.). Dies gilt zwar i.d.R. nur dann, wenn in unzutreffender Weise die Entscheidungsart gewählt wurde. Es kann aber nichts anderes gelten, wenn – wie vorliegend – das LG die Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 ZPO zwar im Urteil treffen konnte, ein Rechtsmittel im Gesetz aber nur gegen den Beschluss, nicht aber gegen das Urteil vorgesehen ist. In diesem Fall ist es jedenfalls gerechtfertigt, gegen den Teil der Kostenentscheidung, der die Kostenfolge des Parteiwechsels betrifft, die sofortige Beschwerde gem. § 269 Abs. 5 ZPO in analoger Anwendung für zulässig zu erachten.

II. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Zwar trifft die Kostenfolge grundsätzlich den ausscheidenden Kläger (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 269 Rz. 31). Die Entscheidung gem. § 269 Abs. 3 ZPO erfolgt aber nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag der Beklagten. Ein solcher Antrag wurde aber auch im Beschwerdeverfahren nicht gestellt, sodass die Kosten insgesamt der Beklagten aufzuerlegen sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Den Beschwerdewert hat der Senat gem. § 3 ZPO festgesetzt.

Dr. Klier zur Nieden Dr. Tiemann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108842

NJW-RR 2003, 212

www.judicialis.de 2002

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