Leitsatz (amtlich)
Tritt ein gesetzliches Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO nach dem Erlass, aber vor dem Eintritt der Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses ein und wird dieser Umstand vom Insolvenzverwalter im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, so ist der Kostenfestsetzungsbeschluss wegen des weggefallenen Rechtsschutzinteresses des Kostengläubigers aufzuheben und der Antrag auf Kostenausgleich zurückzuweisen.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 19.12.2011; Aktenzeichen 9 O 1285/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Magdeburg vom 19.12.2011 aufgehoben.
Der Kostenausgleichsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 228,49 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung einer vermeintlich in anfechtbarer Weise erlangten Befriedigung durch die Insolvenzschuldnerin geltend gemacht. Der Rechtsstreit wurde durch einen am 8.9.2011 gerichtlich protokollierten Vergleich beendet. In Ziff. 2) des Vergleichs wurde vereinbart, dass die Kosten des Rechtsstreits zu 60 % vom Kläger und zu 40 % von der Beklagten zu tragen seien und die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden würden. Das LG hat den Kostenwert des Rechtsstreits und den Gegenstandswert des Vergleichs jeweils auf 10.231 EUR festgesetzt.
Nachdem die Prozessparteien ihre in den Kostenausgleich einzustellenden Auslagen beziffert und belegt hatten, hat die die Rechtspflegerin des LG Magdeburg mit ihrem Beschluss vom 19.12.2011 die vom Kläger an die Beklagte auszugleichenden Kosten auf 228,49 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.11.2011 festgesetzt.
Gegen diesen, ihm am 9.1.2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner am 20.1.2012 vorab per Fax beim LG eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er vertritt die Ansicht, dass die Beklagte kein Rechtsschutzbedürfnis mehr am Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses habe, nachdem er mit Schreiben vom 21.12.2011 gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO angezeigt und das Insolvenzgericht eine entsprechende Veröffentlichung bis zum 27.12.2011 veranlasst habe. Die Beklagte ist dem Rechtsmittel entgegen getreten und meint, dass es für das Rechtsschutzbedürfnis auf den Zeitpunkt des Erlasses des Kostenfestsetzungsbeschlusses - d.h. hier auf den 19.12.2011 - ankomme.
Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beklagte hat zur sofortigen Beschwerde Stellung genommen.
B. Die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und die erforderliche Mindestbeschwer ist überschritten. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Kläger hat zu Recht geltend gemacht, dass die Beklagte kein Rechtsschutzinteresse (mehr) an der Titulierung ihres Kostenausgleichsanspruchs nach § 106 ZPO hat.
1. Für die Entscheidung im Erinnerungs- bzw. im Beschwerdeverfahren ist neues Vorbringen der Prozessparteien, wie hier die Darlegung und Glaubhaftmachung der am 21.12.2011 eingetretenen Masseunzulänglichkeit durch den Kläger, zu beachten (vgl. nur Heßler in Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 571 Rz. 2). Hiervon gehen beide Prozessparteien aus.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, hat eine Prozesspartei mit einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch als Altmassegläubigerin, wie hier die Beklagte, gegen den zur Kostentragung verpflichteten Insolvenzverwalter, hier den Kläger, kein Rechtsschutzbedürfnis dafür, einen Vollstreckungstitel in Form eines Kostenfestsetzungsbeschlusses nach § 104 ZPO bzw. § 106 ZPO zu erlangen, den er wegen des in § 210 InsO angeordneten Vollstreckungsverbots dennoch nicht durchsetzen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 17.3.2005 - IX ZB 247/03, Rpfleger 2005, 382; Beschl. v. 9.10.2008 - IX ZB 129/07, Rpfleger 2009, 107).
3. Tritt das gesetzliche Vollstreckungsverbot, wie hier, nach dem Erlass, aber vor dem Eintritt der Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses ein und wird dieser Umstand, wie hier, im Beschwerdeverfahren geltend und glaubhaft gemacht, so kann nichts Anderes gelten (vgl. Senat, Beschl. v. 29.6.2011 - 2 W 42/11 - zitiert nach juris). Denn im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels würde der Kostenfestsetzungsbeschluss nach dem Wirksamwerden des gesetzlichen Vollstreckungsverbotes vollstreckbar werden, obwohl die Vollstreckbarkeit dann vom Kostengläubiger, hier der Beklagten, nicht mehr genutzt werden kann.
C. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Vorschrift des § 97 Abs. 2 ZPO ist nicht einschlägig, weil der Kläger die Anzeige der Masseunzulänglichkeit vom 21.12.2011 nicht vor dem Erlass des angefochtenen Besc...