Leitsatz (amtlich)
Die Bestellung des Betreuers gleichzeitig zum Verfahrenspfleger ist zwar unvereinbar, jedoch führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Bestellung.
Beantragt der Betreuer die Unterbringung, so ist diese zu genehmigen; wird die Unterbringung „angeordnet”, ist dies i.S.e. Genehmigung auszulegen.
Die Anhörung im Beschwerdeverfahren durch den beauftragten Richter ist zulässig, wenn neue Erkenntnisse nicht erwartet werden können.
Auch im Verfahren des FGG gelten die Vorschriften über die Beweiserhebung für die Einvernahme eines Sachverständigen (§ 15 FGG). Wird nicht die Person, die das schriftliche Gutachten erstattet hat, sondern eine andere Person angehört, stellt dies eine völlig neue Begutachtung dar.
Wird der Verfahrenspfleger erst am Tag vor der Anhörung geladen und wendet er im Hinblick auf die Kurzfristigkeit Verhinderung ein und wird hierauf nicht Rücksicht genommen, stellt dies grundsätzlich eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs dar.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Aktenzeichen 3 T 659/01 (438) |
Tenor
Auf die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 30.7.2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 5.000 DM.
Gründe
I. 1. Mit Beschluss vom 19.9.1994 stellte das AG – VormG – Braunschweig den am 21.3.1954 geborenen Betroffenen – auf seine Anregung – unter Betreuung, nachdem es zuvor ein schriftliches Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie eingeholt hatte, das dem Betroffenen eine neurotische Persönlichkeitsentwicklung sowie Alkoholmissbrauch bescheinigte (§§ 1896 ff. BGB; Bl. 17 If. d. A.). Mit Beschluss vom 7.2.1995 wies das VormG den Betroffenen – auf Antrag des Gesundheitsamts – im Wege einer einstweiligen Anordnung in die geschlossene Abteilung eines Krankenhauses ein (§ 12 ndsPsychKG, § 70h FGG; Bl. 50 I d. A.). Mit Beschluss vom 13.2.1995 hob das VormG die Bestellung des Betreuers auf (Bl. 52 I d. A.).
Am 21.11.1997 wurde der Betroffene – nachdem ihm wieder ein Betreuer bestellt worden war – wegen eines schweren Schädelhirntraumas in die geschlossene Abteilung einer Klinik eingewiesen. Mit Beschluss vom 22.12.1997 genehmigte das VormG – auf Anregung des Betreuers – die Unterbringung bis längstens 5.5.1998, nachdem es ein schriftliches Gutachten eines Facharztes für Neurologie eingeholt hatte, das dem Betroffenen ein ausgeprägtes hirnorganisches Psychosyndrom attestierte (§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB; Bl. 8 Unterbringungsheft). Mit Beschlüssen vom 2.7. und 11.8.1999 erteilte das AG – VormG Claustal-Zellerfeld weitere Genehmigungen zur Unterbringung für die Zeit bis 1.9.1999 (Bl. 20 II, 43 II d. A.). Anschließend verzog der Betroffene nach Magdeburg.
Mit Beschluss vom 19.1.2001 „ordnete” das AG – VormG – Magdeburg auf Anregung des Betreuers R. (Bl. 131 II d. A.) sowie nach Einholung eines schriftlichen psychiatrischen Gutachtens (Bl. 139 IIff. d. A.) – die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen medizinischen Einrichtung bis längstens 15.2.2001 „an” (§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB; Bl. 154 II d. A.). Die Entscheidung erging nach Anhörung des Betroffenen und der Diplom-Medizinerin St., die das schriftliche Gutachten nicht verfasst hatte. Im übrigen war der Betreuer R. bei der Anhörung nicht anwesend. Statt dessen erschien als „vorgeschlagener Betreuer” Herr A. vom Paritätischen Betreuungsverein e.V., der nach der Anhörung zum neuen Betreuer – und Verfahrenspfleger – des Betroffenen bestellt wurde (Bl. 147 IIff., 150 IIf. d.A.).
Mit Beschluss vom 14.2.2001 genehmigte das VormG – auf Anregung von Herrn A. (Bl. 161 II d. A.) und nach Einholung eines schriftlichen nervenärztlichen Gutachtens (Bl. 177 IIff. d.A.) – die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung bis längstens 13.2.2002 (§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB; Bl. 195 II d.A.). Diese Entscheidung erging nach Anhörung des Betroffenen und der Diplom-Medizinerin St., die das schriftliche Gutachten mitverfasst hatte. Außerdem waren Herr A. sowie der behandelnde Arzt Dr. W. bei der Anhörung anwesend (Bl. 184 IIff. d.A.).
Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen bestellte das LG dem Betroffenen mit Beschluss vom 1.3.2001 Rechtsanwalt C. zum neuen Verfahrenspfleger, da der Betreuer A. – wegen kollidierender Interessen – nicht gleichzeitig Verfahrenspfleger sein könne (Bl. 214 IIf. d. A.). Zuvor hatte die Kammer die Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom 19.2.2001 dem Berichterstatter als beauftragtem Richter übertragen (Bl. 204 II d. A.), der den Betroffenen und die Diplom-Medizinerin St. als „Sachverständige” – in Anwesenheit des Betreuers A. sowie der Ärzte Dr. W. und Dr. L. – am 2.3.2001 anhörte. Der Verfahrenspfleger C. war bei der Anhörung nicht anwesend (Bl. 219 IIff. d. A.), da seine Ladung erst am 1.3.2001 verfügt und bearbeitet worden war (Bl. 215 II d. A.). Nach der Anhörung hob die Kammer die angefochtene Entscheidung des AG mit Beschluss vom 5.3.2001 auf, w...