Leitsatz (amtlich)
Grundsätzlich ist der Betroffene vor Bestellung eines Betreuers persönlich zu hören. Die Anhörung in einem sogen. Folgeverfahren ersetzt nicht diese notwendige Anhörung.
Verfahrensgang
LG Dessau (Aktenzeichen 2 T 176/01) |
Tenor
Auf die – weitere – Beschwerde des Verfahrenspflegers der Betroffenen wird der Beschluss des LG Dessau vom 12.7.2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 5.000 DM.
Gründe
I. 1. Mit Beschluss des AG – VormG – Köthen vom 24.3.2000 wurde der am 8.7.1964 geborenen Betroffenen ein Betreuer bestellt (§ 1897 BGB; Bl. 9d. A.). Zuvor hatte das AG ein schriftliches nervenärztliches Gutachten eingeholt, das der Betroffenen eine paranoid halluzinatorische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis bescheinigt hat.
Mit weiterem Beschluss vom 5.4.2000 wurde der Aufgabenkreis des Betreuers auf die Entgegennahme und das Öffnen der Post erstreckt (Bl. 21 d.A.).
Die Betroffene wurde jeweils nicht angehört. Auch ein Verfahrenspfleger wurde ihr nicht bestellt. Außerdem wurden die Beschlüsse der Betroffenen nicht bekannt gemacht, weil die Post zurückging, da der Briefkasten der Betroffenen nicht geleert worden ist (Bl. 20, 21, 22a, 24 d.A.).
2. Mit Beschluss vom 9.6.2000 erteilte das AG die Genehmigung zur Kündigung und Auflösung der Zweitwohnung der Betroffenen in Berlin (§ 1907 BGB; Bl. 29 d.A.).
Mit weiterem Beschluss vom 28.9.2000 wurde die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses für drei Monate genehmigt (§ 1906 Abs. 1 Nrn. 1, 2 BGB; Bl. 34 f. d.A.). Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenspfleger bestellt (Bl. 33 d.A.). Zuvor hatte das AG eine schriftliche Stellungnahme eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie eingeholt und – erstmals – die Betroffene angehört. Dagegen wurde der – erst am 28.9.2000 bestellte – Verfahrenspfleger nicht gehört (Bl. 39 f. d.A.).
Die verspätet eingelegte sofortige Beschwerde der Betroffenen (Bl. 101 f. d.A.) verwarf das LG – ohne Anhörung der Beteiligten – mit Beschluss vom 22.11.2000 als unzulässig (Bl. 104 ff. d.A.).
Anschließend verlängerte das AG mit Beschluss vom 7.12.2000 die Genehmigung der Unterbringung auf ein Jahr, beginnend mit dem 28.9.2000 (Bl. 124 d.A.). Zuvor hatte das AG eine schriftliche Stellungnahme von Ärzten eines Fachkrankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie eingeholt. Die Anhörung der Betroffenen unterblieb, weil eine der Sachverständigen, die das schriftliche Gutachten erstattet hatten, wissen ließ, eine Anhörung gefährde den Behandlungserfolg (Bl. 123 R, 128 d.A.). Auch ein Verfahrenspfleger wurde nicht bestellt.
Die sofortige Beschwerde der Betroffenen wies das LG – nachdem es am 17.1.2001 die Betroffene, den im Vorverfahren bestellten Verfahrenspfleger und eine Fachärztin des Fachkrankenhauses angehört hatte (Bl. 152 f. d.A.), die ein ergänzendes schriftliches Gutachten erstattet hatte (Bl. 147 ff. d.A.) – mit Beschluss vom 22.2.2001 als unbegründet zurück (Bl. 163 ff. d.A.). Der Betreuer hatte zuvor auf seine Anhörung verzichtet (Bl. 162 d.A.).
3. Unter dem 28.3.2001 legte der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen gegen die Bestellung des Betreuers Beschwerde ein (Bl. 173 d.A.). Mit Beschluss vom 16.5.2001 bestellte das LG den Verfahrensbevollmächtigten zum Verfahrenpfleger der Betroffenen (Bl. 179 f. d.A.) und wies seine Beschwerde – nach Gewährung rechtlichen Gehörs (Bl. 182 R d.A.) – auf Grund eines ergänzenden schriftlichen Gutachtens von Ärzten des Fachkrankenhauses (Bl. 183 f. d.A.) mit Beschluss vom 12.7.2001 als unbegründet zurück, weil die Voraussetzungen für die Betreuerbestellung (§ 1896 BGB) noch vorlägen (Bl. 188 ff. d.A.). Die Betroffene wurde unter Bezugnahme auf § 69g Abs. 5 S. 3 FGG nicht gehört.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Verfahrenspfleger mit der weiteren Beschwerde, mit der er auf ein Schreiben der Betroffenen verweist, in dem diese die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt (Bl. 206 ff. d.A.).
II. 1. Das Rechtsmittel des Verfahrenspflegers (§ 67 Abs. 1, 2 FGG) gegen die Entscheidung des LG (§ 19 Abs. 2, § 69g Abs. 1 FGG) ist als – weitere – Beschwerde zulässig (§ 27 Abs. 1 S. 1, § 28 Abs. 1 FGG) und begründet, da das Beschwerdegericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht verfahrensfehlerfrei ermittelt hat (§ 12 FGG):
a) Die Betroffene wendet sich gegen die Bestellung des Betreuers, die mit Beschluss des AG vom 24.3.2000 erfolgt ist (§§ 1896 ff. BGB). Das betreffende Verfahren hat einen anderen Gegenstand als die Verfahren, in denen die Unterbringung der Betroffenen genehmigt (Beschluss vom 28.9.2000) und die Genehmigung verlängert worden ist (Beschluss vom 17.12.2000; § 1906 BGB). Es ist mit jenen Verfahren nicht identisch.
b) In dem vorliegenden Verfahren, in dem es um die Betreuerbestellung geht, hat das AG die Betroffene in verfahrensfehlerhafter Weise nicht persönlich angehört (§ 68 Abs. 1 FGG). Außerdem hat es nicht geprüft, o...