Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 9 O 122/11) |
LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 5 O 1845/10) |
Tenor
Zuständig für den Rechtsstreit ist das Landgericht Hannover.
Gründe
I.
Die Klägerin beauftragte mit Bauvertrag vom 9.6.2010 ein Unternehmen mit dem Neubau einer Produktions- und Lagerhalle. Der Zahlungsplan sah vor, dass eine erste Vorkasse-Zahlung gegen Übergabe einer Bürgschaft in Höhe von 50.000, -- Euro zu leisten war. Das beauftragte Unternehmen erstellte mit Datum vom 5.7.2010 eine erste Rechnung über 52.625,37 Euro und übergab der Klägerin die von der Beklagten gestellte Vorauszahlungs-Bürgschaft über 50.000, -- Euro. In der Bürgschaftsurkunde heißt es u.a. (Bl. 16 AB Klägerin):
Gerichtsstand ist der Sitz der zur Prozessvertretung des Auftragsgebers zuständigen Stelle.
Nach dem Vortrag der Klägerin hat das Unternehmen in der Folgezeit keine Arbeiten erbracht, sodass im Ergebnis der Auftrag entzogen worden sei. Die Klägerin nimmt vor diesem Hintergrund die Beklagte als Bürgin hinsichtlich der Rückzahlung eines Betrages von 50.000, -- Euro in Anspruch, zunächst im Urkundsprozess, von dem sie mit Schriftsatz vom 11.4.2011 Abstand genommen hat.
Die Klägerin hat Klage beim Landgericht Halle erhoben. In der Klageerwiderung hat die Beklagte die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Halle gerügt (Bl. 54). Mit Beschluss vom 10.5.2011 (Bl. 132) hat sich das Landgericht Halle für unzuständige erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Hannover verwiesen. Das Landgericht Hannover hat sich mit Beschluss vom 22.6.2011 (Bl. 142) ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Naumburg vorgelegt.
Der Senat hat den Parteien einen schriftlichen rechtlichen Hinweis erteilt (Bl. 149).
II.
Der Senat ist für die Entscheidung zuständig, nachdem sich sowohl das LG Halle als auch das LG Hannover für unzuständig erklärt haben (§ 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO).
In der Sache zuständig ist das Landgericht Hannover. Im Bezirk des Landgerichts Hannover befinden sich sowohl der Allgemeine Gerichtsstand aus § 17 ZPO, als auch der Besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes aus § 29 ZPO (Zöller/Vollkommer ZPO, 28. Aufl., § 29, Rn. 25 [Bürgschaft und Garantie]). Das Landgericht Halle käme als örtlich zuständiges Gericht nur dann in Betracht, wenn eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung hinsichtlich dieses Gerichts vorliegen würde. Davon ist aus den im Hinweis vom 1.7.2011 genannten Gründen nicht auszugehen. Der Wortlaut der Gerichtsstandsvereinbarung in der Bürgschaftsurkunde entspricht § 18 Nr. 1 VOB/B. Diese Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausschließlich auf öffentliche Auftraggeber anwendbar (dazu die bereits im Hinweis genannte Entscheidung BGHZ 94, 151). Der Sinn von § 18 Nr. 1 VOB/B liegt darin, innerhalb einer arbeitsteilig arbeitenden Verwaltung die jeweils für die Vertretung zuständige Stelle bestimmen zu können. Die Zuständigkeit für die Vertretung wird i.d.R. durch eine schriftliche Organisationsregelung getroffen (z.B. für die Landesverwaltung von Sachsen-Anhalt: Erlass des Ministerpräsidenten und der Landesregierung vom 17.5.1994 [ MBl. LSA, S. 1289 ] in der jeweils gültigen Fassung). Zuständig sein soll mithin immer die Stelle, die sich nach dieser behördeninternen Regelung ergibt und zwar bezogen auf den Zeitpunkt der Klageerhebung ( Senat 1 AR 16/11 ). Eine vergleichbare Situation gibt es im Verhältnis von privaten Vertragspartnern zueinander nicht (die Vorschrift "passt" nur auf öffentliche Auftraggeber). Vor diesem Hintergrund kann es sich bei der Gerichtsstandsvereinbarung nur um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handeln, die der Inhaltskontrolle unterliegt und nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam ist. Die sich aus der Klausel ergebenden Unklarheiten für die Bestimmung des Gerichtsstandes wurden im Hinweis vom 1.7.2011 näher beschrieben. Darauf kann daher Bezug genommen werden. Da eine Bestimmbarkeit der örtlichen Zuständigkeit praktisch nicht möglich (bzw. vorhersehbar) ist, liegt sowohl ein Verstoß gegen das Gebot der Klarheit einer AGB-Klausel als auch gegen das grundsätzlich bestehende Prorogationsverbot vor. Eine Vereinbarung über den Gerichtsstands muss indes eindeutig sein Ist sie hinsichtlich der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit völlig unbestimmt, muss unter Berücksichtigung des vorgenannten grundsätzlichen Prorogationsverbots auf die gesetzliche Zuständigkeitsordnung zurückgegriffen werden, um Zweifel hinsichtlich der Zuständigkeit zu vermeiden (dazu Senat 1 AR 1/11). Aus diesem Grund kann auch die Annahme ,dass sich der Verwender grundsätzlich nicht selbst auf die Unwirksamkeit der von ihm gestellten Klausel berufen kann, nicht durchgreifend sein. Die Bestimmung der Zuständigkeit des staatlichen Gerichts darf schon im Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG nicht willkürlich erfolgen können, sondern muss jedenfalls dem Grundsatz nach der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung folgen.
Fundstellen