Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahren auf gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit kommt eine Vorlage der Sache an den BGH nach § 36 Abs. 3 ZPO nicht in Betracht, wenn das OLG in eigener, originärer Zuständigkeit und nicht anstelle des BGH entscheidet.
2. Wird im Anschluss an ein Mahnverfahren ein streitiges Verfahren nicht durchgeführt, so ist das Mahngericht, dass nach § 11 RVG für das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren zuständige "Gericht des ersten Rechtszuges" (entgegen BGH, Beschl. v. 11.4.1991 - I ARZ 136/91, NJW 1991, 2084 zu § 19 BRAGO).
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 02.07.2007; Aktenzeichen 3 O 167/07) |
AG Aschersleben (Aktenzeichen 07-2302733-09-N) |
Tenor
Als sachlich zuständiges Gericht für die Festsetzung der zu erstattenden anwaltlichen Kosten im Mahnverfahren wird das AG Aschersleben bestimmt.
Gründe
I. Das AG Aschersleben erließ als Zentrales Mahngericht des Landes Sachsen-Anhalt am 30.1.2007 einen Mahnbescheid und am 26.2.2007 einen Vollstreckungsbescheid gegen den Antragsgegner. Der Vollstreckungsbescheid enthielt mangels entsprechender Angaben im Antrag auf Erlass desselben keine Kosten des Antragstellers. Der Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids war zuvor als fehlerfrei befunden worden.
Am 12.3.2007 beantragte der Antragsteller die Festsetzung seiner außergerichtlichen Auslagen für das Mahnverfahren gegen den Antragsgegner i.H.v. 1.105,51 EUR sowie die Hinzusetzung der Gerichtskosten und Auslagen. Auf gerichtlichen Hinweis beantragte er zudem die Abgabe an das Prozessgericht des ersten Rechtszuges. Das AG Aschersleben erklärte sich zunächst mit Verfügung vom 20.3.2007 und sodann mit Beschluss vom 22.5.2007 nach § 11 RVG i.V.m. §§ 103 f. ZPO für sachlich unzuständig und verwies die Sache an das LG Halle. Dieses erklärte zunächst mit Verfügung vom 27.4.2007 und sodann mit Beschluss vom 2.7.2007, dass ein streitiges Verfahren nicht vorliege, weshalb das LG für die Kostenfestsetzung nicht zuständig sei.
Das LG Halle legte die Sache dem OLG Naumburg zur Entscheidung in diesem negativen Zuständigkeitsstreit vor.
II. Das Bestimmungsverfahren nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO ist eröffnet, nachdem sich beide bisher mit der Angelegenheit befasste Gerichte jeweils für sachlich unzuständig erklärt haben, das AG Aschersleben durch seinen Verweisungsbeschluss vom 22.5.2007 und das LG Halle durch seinen Beschluss vom 2.7.2007. Das OLG Naumburg ist in eigener originärer Zuständigkeit als nächst höheres gemeinsames Gericht beider beteiligter Gerichte zur Bestimmung der Zuständigkeit berufen.
Die Frage nach der Zuständigkeit für die Kostenfestsetzung im Mahnverfahren, soweit dieses nicht in ein streitiges Verfahren übergeht - also bei Rücknahme des Antrags auf Erlass des Mahn- oder des Vollstreckungsbescheids bzw., wie hier, bei Erlass beider Bescheide bzw. bei sonstiger Erledigung des Mahnverfahrens ohne Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens, ist zwischen den OLG umstritten. Eine Vorlage an den BGH nach § 36 Abs. 3 ZPO kommt indessen nicht in Betracht, weil der erkennende Senat hier nicht anstelle des BGH entscheidet (vgl. BGH, Beschl. v. 21.6.2000 - XII ARZ 6/00, NJW 2000, 3214; vgl. auch Vollkommer in Zöller, 26. Aufl. 2007, § 36 Rz. 4a), sondern in eigener, originärer Zuständigkeit.
Die sachliche Zuständigkeit des Mahngerichts beruht auf § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 689 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO sowie § 1 Satz 1 der Verordnung über die maschinelle Bearbeitung der Mahnverfahren bei dem AG Aschersleben vom 12.9.2005 (GVBl. LSA 2005, S. 630).
Nach den letztgenannten Vorschriften ist das AG Aschersleben als Zentrales Mahngericht des Landes Sachsen-Anhalt für die Mahnverfahren aller AG des Landes örtlich und sachlich zuständig. Als solches ist es hier tätig geworden. Das Mahnverfahren ist ein Verfahren zur vereinfachten und beschleunigten Erlangung eines vollstreckbaren Titels. Nach § 699 Abs. 3 ZPO obliegt es dem Mahngericht, in den Vollstreckungsbescheid auch alle bislang entstandenen Kosten des Antragstellers aufzunehmen, um eine gesonderte Geltendmachung dieser Kosten zu vermeiden.
Durch § 11 Abs. 1 RVG wird auch dem Verfahrensbevollmächtigten eines Antragstellers im Mahnverfahren die rechtliche Möglichkeit zur vereinfachten Schaffung eines Kostentitels eingeräumt. Als zuständiges Gericht wird abstrakt das "Gericht des ersten Rechtszuges" benannt. Der Senat legt diesen Begriff erweiternd dahin aus, dass dasjenige Gericht auch für das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren zuständig ist, welches mit der Sache ohnehin befasst ist. Wird im Anschluss an ein Mahnverfahren ein streitiges Verfahren nicht durchgeführt, so ist das Mahngericht das einzige mit der Sache befasste Gericht und mithin auch für das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren zuständig. Denn die Festsetzung der Anwaltsgebühren des Antragstellers im Mahnverfahren gegen den Antragsgegner ist zwar ein formal eigenständiges Verfahren; sie steht aber gleichwohl in einem engen Zusammenhang mit dem Verfahren, ...